Neben den bekannten Zoonosen aus der Gattung der Vermes ist auch der (Waschbär)spulwurm einer der Parasiten, die in der Jägerschaft dazu geführt haben, den Abschuss dieser Tiere zu begründen.

Wie sieht es mit der Übertragung aus?

Wie bei fast allen Fleischfressern können auch im Darm von Waschbären Würmer, hier besonders die sog. Waschbärspulwürmer (Baylisascaris procyonis) vorkommen. Sie gelangen über den Kot in die Umwelt und werden dort von anderen Säugetieren und Vögeln aufgenommen.

Dort entwickeln sich im Darm Larven, die über die Darmwand in das umliegende Gewebe wandern und dort in Gewebe und Organen nisten. Auch das Fressen dieser Zwischenwirte kann dann zu einer Ansteckung führen, wobei als Endwirt hier der Hund und der Waschbär zu nennen ist, denn auch Hunde können die Wurmeier mit dem Kot ausscheiden.

Symptome

Bei den Endwirten Hund und Waschbär gibt es in der Regel überhaupt keine Krankheitssymptome. Selbst bei einer grossen Anzahl von Parasiten im Darm verläuft die Infektion fast immer symptomlos.

Für die meisten anderen Zwischenwirte hängt die Erkrankung stark von den befallenen Organen und Geweben ab. Bei kleineren Säugetieren und Vögeln kann es von Gleichgewichtsstörungen bis hin zum Tod ein breites Spektrum geben, bei grösseren Säugetieren schleicht sich die Infektion ohne schwere Symptome aus.

Infektion beim Mensch – Vorsicht!

Durch die Aufnahme von Wurmeiern aus Kot von Hunden oder Waschbären können sich Menschen infizieren. Allerdings sind bislang in Deutschland nur sehr wenige Infektionen überhaupt bekannt. Das Risiko einer Infektion ist eigentlich nur dann erhöht, wenn sich Waschbären in der Nähe von Häusern aufhalten.

Waschbären sind sehr reinliche Tiere und legen Aborte an. Das sind Stellen, die ausschliesslich zur Verrichtung der Notdurft verwendet werden. Das kann natürlich gerne auch mal die Sandkiste des Kindes oder das Hochbeet sein – der Waschbär weiss es nicht besser. So kann es dazu kommen, dass mit der Berührung des Kotes und (!!!) anschliessendem Kontakt der Finger mit der Mundschleimhaut / Verschlucken eine Übertragung stattfindet.

Meist verläuft die Erkrankung bei leichtem Befall vollkommen symptomlos. Ein trockener Husten und “schlecht Luft zu bekommen” können ein erster Hinweis. Danach klingen die Symptome häufig nach einer Woche wieder ab.

Schwerere Verläufe können durchaus lebensgefährlich sein. Hier ist der Gang zum Arzt unbedingt angeraten.

Diagnose

Mittels Kotprobe werden Spulwurmeier nachgewiesen. Einen sicheren Nachweis gibt es erst zwei bis drei Monate nach einer Infektion.

Sowohl für Mensch als auch Hund gilt: einige Tage nach der Ansteckung lassen sich im Blut und / oder Speichel Eosinophile nachweisen. Das kann ein erster Hinweis sein, echte Sicherheit gibt es aber erst wenn der Wurm ausgebildet ist.

Prävention

Der Waschbär hält mittlerweile sehr gerne in der Nähe von menschlichen Behausungen auf, und eine Vergrämung erscheint langfristig nicht mehr zielführend. Zugang zu Speiseresten oder der Wohnung selbst über Fallrohre, Blitzableiter oder Rankhilfen sollten ihm aber genommen werden.

Sandkisten etc. deckt man am besten bei Nichtbenutzung mit Planen ab. Gründliches Händewaschen (also eine in jeder Hinsicht übliche und normale Hygiene) nachdem Spielen oder der Gartenarbeit sind in der Regel vollkommen ausreichend.

Aufgefundener Kot sollte mit Einmalhandschuhen und mit einer FFP2-Maske (oder höher) zum Eigenschutz entfernt werden. Schuhe etc. sind bitte anschliesend gründlich zu reinigen.

Was für den Fuchsbandwurm gilt, gilt auch für den Waschbärspulwurm: eine systematische Entwurmung schlägt hier mehrere Fliegen mit einer Klappe. Dies gilt sowohl als Prophylaxe als auch zur……

Therapie

Ein Hund, der vermutlich völlig symptomlos bleibt und für den die Infektion keine grossen Probleme darstellt, sollte generell mit wechselnden Anthelmintika behandelt werden.

Und auch für den Menschen gibt es Hoffnung: Mebendazol, Pyrantel, Albendazol – diese Wirkstoffe sind nach einmaliger Gabe schon wirksam und das Problem ist gelöst.

Fazit

Ja, der Waschbärspulwurm ist nicht “ohne”. Wer Waschbären in seiner Nachbarschaft hat, kleine Kinder im Garten spielen oder Hund und Katze frei herumlaufen hat, sollte auf die Hygiene achten. Vielleicht ist es durchaus auch angesagt, zu versuchen, einen Waschbären zu vergrämen. Das ist durchaus legitim.

Man muss sich aber mal vor Augen führen, welche Faktoren eine Rolle spielen, bis es zu einer lebensbedrohlichen Situation führt. Wenn wir kleine Kinder, die öfter mal die Hände in den Mund stecken und auf Hygiene natürlich nicht so achten, mal aussen vor lassen, ist das Risiko eher gegen Null.

Denn bei einem schweren Verlauf werden auch solch gravierende Symptome da sein, dass der Gang zum Arzt ein Muss ist, der das Problem dann in den meisten Fällen mit der einmaligen Gabe eines Medikamentes in den Griff bekommt. Man muss schon sehr ignorant sein, sich durch Spulwürmer in eine lebensgefährliche Situation zu bringen. Und ja: kleine Kinder nehme ich davon jetzt mal aus.

Es kann aber nicht angehen, dass die “Krone der Schöpfung” (ich finde den Begriff immer noch so köstlich) als einzigen Ausweg auf potentielle Gefahren nur das Ausrotten Unschuldiger sieht. Denn nicht der Waschbär ist das Problem, es ist der Spulwurm. Es gilt also in erster Linie, sich den Spulwurm vom Hals zu halten, was durch eine normale Hygiene vollkommen ausreichend ist. Bei kleinen Kindern sieht das vielleicht etwas anders aus, aber wir gehen nicht davon aus, dass man sich nach der Gartenarbeit erstmal die Hände und Stiefel ableckt.

Wenn wir also den Waschbären abschiessen, weil er für uns eine Gefahr darstellen kann, weil wir uns nicht in der Lage sehen, uns adäquat zu verhalten, wohin führt das? Wir rotten Bienen- und Wespenvölker aus, weil Menschen gegen “sie” allergisch sind? Wir räuchern Fledermaushöhlen aus, weil die Biester daran Schuld sind, dass “Corona” über uns hergefallen ist? Vielleicht sollten wir HIV-Infizierte und die “Corona-Quarantäne-Station” dann auch direkt mal………….

Ja, so sind wir, denn wenn das Rehlein die Tulpe von Lieschen Müller frisst, weil Lieschen Müller zu doof ist, einen entsprechenden Zaun zu setzen, dann hat es den Lebensberechtigungsschein gefälligst abzugeben.

Es wird Zeit, unsere Einstellung gegenüber den Wildtieren zu überdenken. Wir schulden ihnen Gerechtigkeit.

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