Leptospirose – Panikmache oder ernstes Problem?

Im Zusammenhang mit der Jagd, Hunden und Wildtieren ist insbesondere die Leptospirose (eine meldepflichtige Krankheit!) von Bedeutung.

Es handelt sich hierbei um eine bakterielle Erkrankung vieler Tierarten, auch der heimischen Wildtierarten, die auf den Menschen übergehen kann (Zoonose).

Wie sieht es mit der Übertragung aus?

Es gibt über 20 Arten verschiedener Leptospiren und hunderte krankheitsauslösender Serovaren, die ich gar nicht alle kenne. Für die Dreiecksbeziehung Wildtier – Mensch – Hund ist hauptsächlich “Leptospira interrogans” von Bedeutung. Es kann sowohl Menschen, Hunde, Schweine und Wiederkäuer (bspw. Rotwild) infizieren.

In aller Regel ist der ursprüngliche Wirt eine Ratte oder Maus. Die Übertragung auf andere erfolgt über Urin, Blut oder Gewebe infizierter Tiere, wobei Urin und die damit einhergehende Verunreinigung von Flüssigkeiten den grössten Erregerherd darstellt. Trinkt ein Tier aus verunreinigtem Wasser (Pfützen!, Sümpfe, Kanalisation – Fliessgewässer sind weniger problematisch), erfolgt die Infektion per Direktkontakt.

Sowohl bei Hund, Mensch, Wiederkäuern und Schweinen erfolgt die Infektion meist über den Weg der (Mund)schleimhäute, beim Menschen zusätzlich über kleine Hautwunden, bei Mensch, Schwein und Wiederkäuern auch durch den Geschlechtsakt (beim Menschen sehr, sehr selten).

Generell ist die Ansteckung beim Menschen eher selten, so erkrankten im Jahr 2020 118 Personen an Leptospirose.

Wichtig: Hunde scheiden den Erreger nach und nach komplett aus, in Fällen < 10 % bleibt der Hund ein Leben lang infektiös. Wiederkäuer scheiden den Urin bis zu 20 Tage lang aus

Symptome

Die Symptome sind bei allen Tierarten (Mensch eingeschlossen) trotz des identischen Erregers verschieden.

Mensch

Beim Menschen unterscheidet man zwischen anikterischer und ikterischer Leptospirose, also ob sie mit einer Gelbsucht oder ohne einhergeht. Entsprechend unterschiedlich sind die Verläufe. Meist verläuft die Krankheit grippeähnlich. Nach der Infektion kann es bis zu 26 Tage dauern, bis die ersten Symptome auftreten. Hier sind die klassischen Grippesymptome zu nennen: Fieber, Schmerzen, Schüttelfrost, Wadenschmerzen, ggf. Bindehautentzündung. Nach 3 bis 7 Tagen geht es dem Patient für einige Tage besser, danach kommt ein weiterer Schub, der bis zu 30 Tage dauert. Hier ist der Auslöser die Immunreaktion des Körpers, der die Bakterien bekämpft. Es kann Schädigungen der Leber geben genauso wie eine Meningitis. Eher seltenere Formen (“Morbus Weil”) können mit Leber- und Nierenversagen zum Tod führen.

Hund

Hunde zeigen die verschiedensten, teils schwerwiegende Symptome. Fressunlust, Fieber, Erbrechen, Hautblutungen, Nekrosen, Muskelzittern. Häufiges Urinieren kann Zeichen für eine Schädigung der Niere sein, ein Nierenversagen gilt als dramatisch. Hier gilt es, mittels Blutuntersuchung eine Azotämie festzustellen und gegenzusteuern.

Sollte sich die Infektion auf die Lunge auswirken, Atemnot einsetzen, Blut ausgehustet werden, so liegt die Überlebenschance des Hundes bei ca. 30 %.

Wildschweine

Die Infektion der Schweine bleibt fast unentdeckt, hauptsächlich sind trächtige Sauen durch eine hohe Zahl an Aborten oder lebensschwacher Frischlinge ein Anzeichen für eine Leptospirose.

Wiederkäuer (bspw. Rotwild)

Klinische Symptome sind in freier Wildbahn kaum zu erkennen, mit etwas Glück lässt sich noch die Gelbsucht erkennen, Fressunlust und Abmagerung bei längerer Beobachtung können auch ein Anzeichen sein. Ebenso Durchfälle oder seltener blutiger Urin.

Diagnose

Für alle Tierarten gilt: unter Zugabe von Formalin zum Urin kann der Erreger unter dem Mikroskop nachgewiesen werden. Auch serologische Bluttests sind möglich.

Da insbesondere beim Hund verschiedene andere Krankheiten ähnliche Krankheitsbilder aufweisen, ist eine genaue Diagnose zur späteren Therapie notwendig. Hier kommen insbesondere die klassischen PCR-Tests oder Antikörpertests zur Urinuntersuchung in Frage.

Beim Menschen kommt zusätzlich zum mikroskopischen Erregernachweis auch ein Antikörper-Test in Frage.

Prävention

Eine Prävention für Tiere in freier Wildbahn ist eher theoretisch möglich. Es gibt Impfungen für Wiederkäuer und Schweine – praktisch lässt sich das vermutlich aber schwer umsetzen und ist derzeit durch die geringe Prävalenz auch gar nicht nötig.

Hunde sollten generell nicht aus Pfützen, Tümpeln, stehenden Gewässern trinken. Für Hunde gibt es einen Impfstoff, der häufig mit der sog. “Kombi-Impfung” mit verimpft wird, hier einfach den Tierarzt des Vertrauens fragen.

Da auch eine Übertragung beim Deckakt möglich ist, sollte man u.U. eine Abwägung treffen, was ungeimpfte Hundekontakte angeht. Eine Panik, die dem eigenen Hund nun jeden Sozialkontakt verwehrt, ist aber nicht zielführend und auch tierschutzrelevant 😉

Für Menschen gilt: Feldfrüchte etc. gründlich abwaschen

Therapie

Beim Menschen wird in der ersten Phase der Krankheit (also der der Bakteriämie) Doxycyclin, Penicillin oder Amoxicillin verabreicht. Die zweite Phase der Krankheit ist eine Immunreaktion, hier gilt es fast ausschliesslich, den Patienten ruhig zu stellen und Flüssigkeitsverluste auszugleichen. Die Prognose auf eine vollständige Genesung ist bei leichten Verläufen gut, unbehandelt ist eine Todesrate von 30 % zu beklagen.

Auch (Wild)schweine können antibiotisch behandelt werden, was sich natürlich in freier Wildbahn schwierig gestaltet. Penicillin und Tetracyclin sind hier Mittel der Wahl. Gleiches gilt für Wiederkäuer.

Beim Hund wird Doxycyclin über 14 Tage gegeben, was zu einer schnellen Ausrottung der Erreger führt. Bei Erbrechen wird Penicillin iv. verabreicht. Weitere Massnahmen sind dann symptomatische Therapie.

Fazit

Ja, die Leptospirose ist nicht ohne, wenn auch in den meisten Fällen für Mensch und Tier nicht tödlich. Hauptsächlich ist sie wohl ein Problem für die Schweinemast, ggf. auch für die Rinderzucht, da durch Aborte hohe finanzielle Schäden entstehen können.

Schaut man sich die Übertragungswege einmal an, so ist die Leptospirose ein Hauptproblem für die Rinder- und Schweinezucht, wenn dort Ratten, Mäuse oder andere infizierte Tiere ihren Urin abgeben. Zusätzlich besteht natürlich die Möglichkeit, dass über kontaminierte Schuhe oder Fahrzeuge die Leptospirose in den Betrieb gebracht wird.

Lassen wir die Ratten / Mäuse also mal aussen vor, ist es wieder einmal eine Frage der Hygiene, die darüber bestimmt, ob sich gequälte “Nutz”tiere infizieren. Ist der Landwirt nicht durch eine kontaminierte Pfütze gefahren oder gelaufen, ist er vermutlich vorher durch den Wald gestiefelt und hat sich dort kontaminiert. Nichts, für das die Wildtiere irgendetwas könnten.

Die Tiere des Waldes wird man vor Leptospirose nicht beschützen können – und sollte man auch nicht. Es ist Teil der Natur, auch darüber die Reproduktionsrate zu steuern. Der Mensch muss da nicht weiter eingreifen

Und der Hund? Nun ja….. der trinkt mal schnell aus einer Pfütze, frisst mal eine Maus. Wer seinen Hund regelmässig impfen lässt, hat auch hier kein Problem. Im Zweifelsfall (auch, wenn das Risiko dann erhöht ist), gibt es auch gute Medikamente, die in den meisten Fällen schnell helfen können. Was die Übertragung von Hund zu Hund angeht…… die ist möglich. Vielleicht sollte man manche forschen Schnüffelnasen nach einer Infektion dann von einigen Körperstellen und Hinterlassenschaften fernhalten. Es empfiehlt sich auch, nach überstandener Krankheit dauerhaft zu impfen, da nicht ganz sicher ist, wie lange die Wirkung der Impfung nach einer Infektion anhält.

Und der Mensch? Um ihn wird ja immer das grösste Gebrülle veranstaltet. “Tötet die Tiere zum Schutz des Menschen!” Wer aus einer Pfütze trinkt, der braucht ganz andere Hilfe, wer in einem Tümpel badet und dabei kontaminiertes Wasser zu sich nimmt, der hat einen 5er im Lotto (äquivalent) und gute Medikamente in der Hinterhand

Da sich Leptospirose also im Prinzip auch beim Menschen fast ausschliesslich durch Urin Infizierter überträgt, ist eine Therapie vermutlich auch eher mit einem Psychologen zu führen 😉 Es sei denn, man mümmelt Erdbeeren roh auf einem Erdbeerfeld.

Stellt sich also die Frage: warum sollte man Wildtiere zum Schutz von Mensch, Hund oder “Nutzvieh” abknallen? Erschliesst sich nicht wirklich……….

Hinweis

Der Nachweis von Leptospiren ist in Deutschland namentlich meldepflichtig nach §7 Infektionsschutzgesetz. Dies geschieht in der Regel aber automatisch durch die diagnostizierenden Labore.

Leave a Comment