Sollten Tierärzte vegan leben?

“Ich bin Veganer” – diese Aussage wird leider viel zu oft rein auf die Ernährung projiziert. Natürlich, wer vegan lebt, der wird es vermeiden, tierische Produkte zu essen. Aber er bemüht sich auch, andere tierische Produkte zu vermeiden: Leder beispielsweise. Alles, was die Qual, Unterdrückung und Ausnutzen von Tieren fördert, wird von Veganern nicht unterstützt.

Es geht also nicht nur darum, einen Fleisch-Burger durch eine pflanzenbasierte Variante zu ersetzen, sondern auch keine Ledercouch zu kaufen, auf den Besuch von Zoos zu verzichten, seine Kinder nicht auf Ponys reiten zu lassen.

Leider ist diese Einstellung auch bei vielen “Möchtegern-Veganern” noch nicht angekommen, denn da bekommt man ganz böse Worte, wenn man sich fragt, warum ein Veganer ein eigenes Pferd hat, auf dem er reitet. “Als Veganer dürfe man reiten, wenn man einen Sattel hat, der nicht aus Leder ist”. Tja, durchgefallen. Einem Pferd seinen Willen aufzuzwingen um sein persönliches Luxusleben (das Reiten) zu geniessen, hat mit der veganen Idee nichts zu tun.

Genauso wenig die Unterteilung in Wild-, Haus- und Nutztiere.

Die einen werden geschützt oder gejagt, die anderen verhätschelt und verzogen, und die anderen gefressen. Was ein Tier ist, wird ein Veganer in einem kurzen Satz ausdrücken können:

Genau diesen Eindruck hat man ja auch, wenn man zu einem Tierarzt geht: da kümmert sich jemand liebevoll um das eigene Tier. Aber warum?

Wie kann es sein, dass das Meerschweinchen, die Katze, der Hund, die Schildkröte des zahlenden Kunden vom Tierarzt mit Liebe überhäuft wird, ihm die komplette Palette der medizinischen Kunst (gegen Bezahlung) zur Verfügung gestellt wird, und der TA sich dann abends ein leckeres Steak bei Kerzenschein reinzieht?

Nicht ganz so liebevoll, aber immerhin auch eine medizinische Unterstützung, erhalten die “Nutz”tiere. Auch hier wird (gegen Geld) das Leben eines Tieres umsorgt. Wenn es für den Halter (Bauern) einen Wert hat, wird es umsorgt, wenn nicht, wird das Tier geschreddert.

Ist es nicht widersprüchlich, das Leben eines Tieres zu retten und anschliessend ein Tier zu essen, dessen Leben genommen wurde, um die eigenen Luxus-Bedürfnisse zu stillen?

Bei den “Nutz”tieren gibt es eine breite Palette an kognitiven Fähigkeiten, sozialem Verhalten, die dem des Menschlichen ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen ist, und es zumindest auf dieser Basis keinen Grund geben sollte, den Wert eines Haustieres über den eines “Nutz”tieres zu stellen. Warum ist das Leben, die Gesundheit des Hundes oder der Katze mehr wert, als das eines Schafs, einer Kuh?

Moralisch gibt es nur eine korrekte Ernährung: die vegane. Wer seinen vet.-med.-Job nicht nur als Broterwerb ausübt, muss sich fragen lassen, warum er die einen Tiere rettet und die anderen frisst.

Es wäre schön, wenn die Diskussion unter Veterinärmedizinern hinsichtlich des Veganismus sich nicht nur damit beschäftigen würde, ob die vegane Ernährung eines Hundes Tierquälerei ist (ich bin der Meinung, dass eine vegane Ernährung prinzipiell möglich, nicht aber in allen Fällen angeraten und unproblematisch ist), sondern ob die eigene Einstellung hinsichtlich der Tiere nicht auch in Frage gestellt werden muss. Es gibt Berufe, denen sollte man aus moralischer Überzeugung nachgehen, und das Studium nicht nur mit Blick auf das Bankkonto auswählen.

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