05.10.2023 – Zivilrecht vs. Strafrecht – Vor- und Nachteile

An einem aktuellen Beispiel möchte ich die, aus meiner Sicht, Vor- und Nachteile sowohl eines Strafverfahrens als auch eines Zivilverfahrens erläutern, und das Dilemma mit beiden aufzeigen.

Dies ist keine rechtliche Beratung, nur ein Gedankenspiel / Schilderung aufgrund der selbstgemachten Erfahrungen!

Fallbeispiel “Nickel ./. Sonnenschein”

Wir nehmen ein Beispiel vom Februar 2023.

Ich erhalte Kenntnis darüber, dass Sonja Sonnenschein meine komplette Kommunikation mit ihr abfilmt und ins Internet stellt. Zu diesem Zweck hat sie alle ihre Kommentare gelöscht, da justiziabel, und nur meine stehengelassen. Ich erhalte Kenntnis darüber, dass sie Teile dieser Kommunikation Dritten anbietet, damit diese meine Äusserungen in einem anderen Zivilverfahren negativ für mich ausfallen sollen. Dazu löscht sie wieder ihre eigenen Kommentare.

Zudem behauptet sie, mein Kumpel T. und ich wären oder werden wegen Stalkings belangt, dafür schon zur Rechenschaft gezogen worden und hätten “Lehrgeld” zahlen müssen. Es kommen weitere Äusserungen hinzu, die mal keine Rolle spielen sollen.

Da ich (ähnlich wie letztlich das LG Siegen als auch das OLG Köln) in diesem Verhalten eine Straftat erkennen, erstatte ich Strafanzeige und Strafantrag bei der StA Siegen (wie das am einfachsten geht findet sich hier).

Die StA Siegen teilt mir mit, dass die StA Hanau zuständig sei und leitet das Verfahren dorthin gehend weiter. Heute – 8 Monate später – erhalte ich eine Mitteilung dass dieses Strafverfahren eingestellt wird (eines von derzeit sechs, bevor sich eine bestimmte Person zu früh freut!).

Kurz gefasst: es wird begründet, dass es kein öffentliches Interesse gibt, diese Straftat zu verfolgen, zumal die Beschuldigte noch nicht vorbestraft sei (ein weiterer Grund, niemals auf Strafanzeigen zu verzichten! Irgendwann hat man einmal Glück!). Ich werde darauf hingewiesen, dass ich ja auf dem Privatklageweg ein Verfahren eröffnen kann.

Dieses hatte ich zu seiner Zeit bereits eröffnet und gewonnen, deswegen eignet sich dieses Beispiel so schön zum Vergleich. Hätte ich das nicht getan, so wäre ich ab jetzt (Oktober 2023), also acht Monate nach Klage, in der Lage, ein Zivilverfahren anzustrengen, welches dann irgendwann Mitte 2024 vielleicht mal ein Ende nehmen würde.

Dieses Zivilverfahren dauert aber immer noch an. Zwar sind die Urteile gesprochen, aber das OLG Köln hat sich noch nicht geäussert, welche Kosten es für das Verfahren festsetzt. Erst dann weiss ich, wie teuer das ganze Verfahren war (für das ich komplett in Vorleistung gegangen bin) und wann ich das Inkasso bei Sonja Sonnenschein über die volle Höhe betreiben kann. Ich rechne damit, dass dieser Entschluss bis spätestens November getroffen sein wird, somit kann man davon ausgehen, dass dieses Zivilverfahren 9 Monate gedauert hat. 9 + 8 = 17 Monate, die ein Verfahren dauern kann, bis man also mit etwas Glück zu seinem Recht, oder wie es die StA Hanau ausdrückt, zu seiner “Genugtuung”, schafft. Zu diesem Begriff dann auch nochmals meine persönliche Sicht am Ende.


Sachlicher Vorgang anhand dieses Beispiels

Es wird geschildert, wie der Ablauf NACHEINANDER von statten geht. Selbstverständlich kann man, wie ich es auch getan habe, PARALLEL sowohl ein Straf- als auch ein Zivilverfahren anstrengen. Verkürzt die Sache, bleibt aber ansonsten inhaltlich gleich.

Strafverfahren

  • man glaubt eine Straftat zu erkennen, bspw. eine Üble Nachrede, und stellt einen Strafantrag
  • ein bis zwei Wochen später erhält man (häufig, nicht immer) ein Aktenzeichen oder einen Vermerk, dass die Sache an eine andere Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurde
    • in letzterem Fall dauert es dann vermutlich nochmal bis zu einem Monat, bis man von der “neuen” Staatsanwaltschaft ebenfalls ein Aktenzeichen erhält
  • dann passiert ganz, ganz lange nichts. Das kann bedeuten
    • das Ermittlungsverfahren läuft noch / es ist noch keine Entscheidung gefallen
      • dann geht es weiter……..
    • es gab oder gibt einen Strafprozess vor Gericht, über dessen Verlauf man in der Regel keine Auskunft erhält, nicht einmal, dass es einen gibt. Es sei denn, man wäre als Zeuge geladen oder beantragt einen Rechtsanwalt, als Nebenkläger in Erscheinung zu treten
      • dann ist die Geschichte vorbei und man weiss in der Regel nicht, ob der Beschuldigte bestraft wurde oder nicht
      • man erlangt Kenntnis von dem Urteil (auf welchem Weg auch immer) und nimmt dieses Urteil als Basis für eine Zivilklage, um die Chancen im Zivilprozess zu verbessern, da die Schuld ja bereits festgestellt wurde
  • wenn es weiter geht, dann erhält man vermutlich nur noch die Mitteilung, dass das Verfahren eingestellt worden sei. Das kann tausend Gründe haben, meist und vermutlich gibt es kein “öffentliches Interesse”.
    • meist wird man auf den Privatklageweg verwiesen
    • es gibt nun zwei Möglichkeiten:
      • man lässt es dabei und betrachtet die Sache als erledigt
      • man beauftragt einen Anwalt mit einer Zivilklage oder ggf. eine Privatklage im Rahmen der StPO
  • An diesem Punkt sind (nach unserem Beispiel) 8 Monate vergangen
  • Wenn man sich entschlossen hat, den Zivilklageweg zu beschreiten, wird das in der Regel so aussehen

Zivilklage

  • man beauftragt einen Anwalt mit einer Abmahnung. Die Beschuldigte wird aufgefordert, bestimmte Dinge zu unterlassen und dafür einen “Vertrag” zu unterzeichnen (eine sog. “strafbewehrte Unterlassungserklärung”). Die Kosten für den Anwalt streckt man vor.
    • die Beschuldigte unterschreibt. Sie muss entsprechend des “Vertrages” reagieren, wird die Kosten meines Anwalts zahlen müssen, und das war’s. Hat sie einen eigenen Anwalt genommen, dann natürlich auch den. Die Sache blieb billig und ist zu Ende.
    • die Beschuldigte unterschreibt nicht. Fragestellung: geht man das Risiko ein, ein Verfahren für eine einstweilige Verfügung anzustrengen? Man könnte das auch verlieren
      • lässt man es, dann war es das. Man selbst bleibt auf den Kosten des eigenen Anwalts sitzen, die Beschuldigte muss u.U. ihren eigenen bezahlen. Ausser Spesen nichts gewesen und absolut nicht empfehlenswert. Man sollte sich also bereits VOR der aussergerichtlichen Abmahnung darüber im Klaren sein, ob man später auch vor Gericht ziehen will
      • man beauftragt den Anwalt, eine Klage vor Gericht anzustrengen. Hier kommt es auf den Sachverhalt an, lohnenswert ist eine Klage besonders dann, wenn der Streitwert seitens des Anwaltes auf über 5.000 Euro beziffert werden kann. Dann ist ein Landgericht zuständig, das macht beim Gewinnen des Prozesses das Verfahren für den Gegner wesentlich teurer, da hier u.a. Anwaltspflicht herrscht und er sich nicht, wie vor dem Amtsgericht, ggf. selbst vertreten kann. Das Honorar des Anwalts streckt man vor (jetzt: schon zwei Mal Geld vorgestreckt)
  • es vergeht ein bis zwei Monate, das Gericht äussert sich, ob es eine Aussicht auf eine Einstweilige Verfügung gibt (in diesem Fall gehen wir mal davon aus, dass das so ist, sonst nimmt das hier kein Ende)
  • die Anwälte teilen wechselseitig dem Gericht mit, was die Gegenseite diskreditieren und der eigenen Seite helfen kann, und natürlich geht es um die Fakten
  • Es vergeht noch ein Monat, dann kommt es zum Prozess. Hier lässt das Gericht meist durchklingen, wie es urteilen will oder gibt Hinweise darauf, wie ein Antrag zu formulieren wäre, damit der Antrag Erfolg hat (und hier wird’s dann später vollkommen Banane).
  • noch ein Monat, und es wird ein Urteil gesprochen. Auch hier gehe ich davon aus, dass dieses Urteil zu “unseren” Gunsten ausgefallen ist
    • die Beschuldigte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen und wurde laut Antrag dazu verurteilt, bestimmte Dinge zu unterlassen (dazu später mehr)
      • die Beschuldigte akzeptiert das Urteil, es wird rechtskräftig, sie hat zu zahlen: Kosten des aussergerichtlichen Mahnverfahrens (ihr Anwalt und meiner), Gerichtskosten, Anwaltskosten des Prozesses (ihrer und meiner)
        • Beschuldigte zahlt. Die Sache ist gegessen.
        • die Beschuldigte zahlt nicht. Dann bleibt man auf den Kosten des Gerichtsverfahrens und allen Kosten des eigenen Anwalts sitzen und darf sich zusammen mit dem Anwalt dann ein Inkassoverfahren überlegen – ein Horrorszenario! Läuft man dem Geld hinterher? Ist das was zu holen? Lässt man es……. hier will ich nicht weiter spekulieren
        • die Beschuldigte geht in Berufung. Sie akzeptiert das Urteil nicht und will das in der nächsten Instanz klären. Bis dahin ist das Urteil NICHT rechtskräftig (sie kann also durchaus weiter behaupten, was sie behauptet hat), und man streckt weiterhin das Geld für den eigenen Anwalt UND die Gerichtskosten vor
  • das Verfahren wird vor dem nächsthöheren Gericht (hier: ein Oberlandesgericht) weitergeführt. Dazu wird die Berufung beantragt. Die Anwälte tauschen sich wieder mit dem OLG aus und schildern ihre Sicht. Es dauert ca. zwei Monate, bis das OLG sich äussert. Die Kosten für den eigenen Anwalt streckt man vor. Die weiteren Schritte können, insbesondere bis zur Kostenfestsetzung, gut sechs Monate betragen
    • es lehnt die Berufung ab. Verfahren vorbei, die Beschuldigte trägt alle bisherigen Kosten zzgl. der Gerichtskosten des OLG und des eigenen Anwaltes. In der Regel kann es danach auch nicht mehr weiter gehen. Hier bleibt die Frage: “zahlt die Beklagte wirklich?”
    • es gibt einen Hinweis, wie das Verfahren ausgehen könnte und bittet um weitere Äusserung
      • möglich: Berufung wird abgelehnt, dann wie oben
      • Prozess zugelassen
    • es lässt einen Prozess zu
      • man gewinnt. Verfahren vorbei, die Beschuldigte trägt (hoffentlich) alle bisherigen Kosten zzgl. der Gerichtskosten des OLG und des eigenen Anwaltes. In der Regel kann es danach auch nicht mehr weiter gehen.
      • man verliert (hier kann ich nur mutmassen, wie es weiter geht)
        • Verfahren wird dann an die erste Instanz weitergeleitet, das Ganze wird immens teuer, dauert länger und vermutlich wird das Urteil nicht so ausfallen, wie man es gerne hätte……….

Subjektive Vor- und Nachteile

Aus meiner Sicht ergeben sich verschiedene Vor- und Nachteile, die in Bezug auf Straf- oder Zivilverfahren zu beachten sind (Spoiler: im Prinzip ist alles nicht wirklich gut).

Vorteile Strafverfahren

  • kostet kein Geld
  • kein Anwalt nötig
  • führt immer zu einem Eintrag ins Zentralregister (kann also für die Beschuldigte bei Auskunft eines sog. “erweiterten Führungszeugnisses” u.U. negativ sein)
  • kostet keine Zeit
  • kostet keine Nerven (die ewigen Diskussionen mit eigenem und anderen Anwälten nerven irgendwann schon)
  • kann u.U. dazu führen, dass die Beschuldigte vorbestraft wird, was massive Einschränkungen bedeuten kann
  • Strafen können empfindlich hoch ausfallen, vor allem bei Haftstrafen
  • finanzielles Risiko gleich null

Nachteile Strafverfahren

  • Verfahren werden sehr häufig eingestellt, meist wegen des nicht vorhandenen “öffentlichen Interesses”.
  • Strafe kann sehr gering ausfallen
  • kein Lerneffekt für die Beschuldigte, da es in der Regel auch keine weiteren Kosten für sie mitbringt
  • u.U. erfährt man nichts über einen Prozess oder Urteil, sondern nur, wenn das Verfahren eingestellt wurde. Hier fehlt dann häufig die Genugtuung.
  • im Vergleich zum Zivilprozess u.U. geringe Aussicht auf Erfolg. Die “Geldersparnis” rechtfertigt die (nicht oder zu schwach) gesprochenen Urteile nicht

Vorteile Zivilprozess

  • im Prinzip: die Nachteile, die für einen selbst gelten, sind auch die Vorteile hinsichtlich der Gegenseite. Gewinnt man das Ganze, dann kann es die Gegenseite massiv finanziell schädigen. Ein Anwalt sagte mal: “Klag Dich reich funktioniert in Deutschland nicht, aber klag den anderen arm, das funktioniert bestens”.
  • meist ist das Urteil viel weniger interessant als die damit verbundenen Kosten (wird noch gesondert erläutert)
  • ein Urteil auf eine Geldentschädigung kann in Bezug auf die Tat eine massive Überspitzung sein
  • eine “Einstweilige Verfügung” kann ein sehr hohes Risiko für die Beschuldigte darstellen. Kann sie oder will sie bspw. von ihr veröffentlichte Beiträge nicht mehr löschen, wird es sehr, sehr teuer (250.000 Euro ist die Regel) oder bringt einen Gefängnisaufenthalt mit sich

Nachteile Zivilprozess

  • gerade im Äusserungsrecht gibt es selten Rechtschutzversicherungen, die hier zahlen
  • sehr hohe Summen, die vorgestreckt werden müssen (4.000 Euro oder höher)
  • Anwalt zumindest vor dem LG notwendig, aber immer empfehlenswert, daher teuer
  • je nach Umfang sehr zeitaufwendig, die einzelnen Sachverhalte dem Anwalt zu schildern, der dies dann wiederum in Schriftsätze für das Gericht packt
  • unter Umständen sehr nervenaufreibend, da man ständig den Tatsachenverhalt vor Augen hat und kaum entspannen kann, dazu immer der Gedanke an das Prozessrisiko und die Kosten
  • nicht zu unterschätzendes Risiko ist die Möglichkeit der Berufung, die erstmal Rechtsunsicherheit bringt, ein hohes finanzielles Risiko und hohe Kosten
  • das Urteil steht fast nie im Verhältnis zum Aufwand und dem finanziellen Risiko (wird noch gesondert erläutert)
  • die Chance, eine Einstweilige Verfügung zu erlangen, ist hoch. Will man aber nicht nur “plusminus null” aus der Sache rauskommen und auch auf Schadenersatz klagen, steigt das Risiko hingegen immens und ist überhaupt nicht einschätzbar. Beispiele:
    • ein Schadenersatz für das Teilen privater öffentlicher Nachrichten wird vom LG nicht als schadenersatzpflichtig angesehen
    • das Veröffentlichen des an vielen Stellen öffentlich einsehbaren Impressums einer Person wird vom LG als Bedrohung angesehen und ein Schadenersatz zugesprochen

Persönliches Fazit und Empfehlungen

Strafantrag

Man könnte hier den Eindruck gewinnen, eine Strafanzeige (Strafantrag!) zu stellen, wäre sinnbefreit. Nein. In der Tat ist es gefühlt fast immer so, dass dabei nichts heraus kommt. “Kein öffentliches Interesse”. Fakt ist aber: jede Strafanzeige wird registriert und im Zentralregister eingetragen. Auch, ob sie eingestellt wurde oder ob es ein Urteil gab. Eine grosse Anzahl dieser Eintragungen kann dafür sorgen, dass sich bspw. Ordnungsämter, auch, wenn das sog. Führungszeugnis eintragsfrei ist, gegen eine Beschäftigung in bestimmten Bereichen entscheiden. Es könnte bspw. ein Antrag auf Waffenbesitz verweigert werden, eine Anstellung im Sicherheitsdienst, im Kindergarten, mit Schutzbefohlenen.

Strafanträge werden zusammengefasst: die einzelne Anzeige vor einem Monat wird vielleicht nichts bringen. Kommt aber dann aber in kurzer Folge etwas hinzu, macht das einen Unterschied. Beispiel: ein beleidigender Post bei Facebook wird vermutlich zu nichts führen, aber wenn das ständig passiert und ständig Anzeigen eingehen, kann das den Unterschied machen.

Die Staatsanwaltschaft erkennt durchaus, ob massiv Strafanträge für eine Person eingehen und beschäftigt sich zumindest mit dem einen oder anderen intensiver, wenn sie davon ausgehen muss, dass hier wohl jemand zum “Serientäter” mutiert.

Eine Strafanzeige kostet weder Geld noch Zeit: Schreiben, Brief, Post, fertig. Auch, wenn es einem Lottospiel gleicht, irgendwann hat man vielleicht mal einen Treffer, und wenn nicht, dann erhöht es vielleicht die “Gewinnchancen” von anderen. Deswegen: immer Strafanzeige / Strafantrag stellen. Wie’s geht findet man hier.

Aussergerichtliches Mahnverfahren

Natürlich gibt es verschiedene Gründe, eine Zivilklage auf den Weg zu bringen. In der Regel dürfte es jedoch das klassische Beispiel sein: “jemand hat in den sozialen Medien einen anderen beleidigt und soll das zukünftig lassen und ggf. dafür auch zur Kasse gebeten werden.” Hier wird man in der Regel um eine “Abmahnung” nicht herumkommen. Dazu sollte man sich einen Anwalt nehmen. Zumindest in der Erstberatung, die noch günstig ist, sollte geklärt werden können, wie das finanzielle Risiko ist und wie die Chancen stehen, dass die Abmahnung begründet ist. Vor Augen sollte man sich IMMER führen, dass u.U. auf die Abmahnung nicht reagiert wird. Wie oben beschrieben, macht eine Abmahnung nur dann Sinn, wenn man seine Ansprüche auch gerichtlich durchsetzen will. Ansonsten verbrennt man nur Geld. Das muss mit dem Anwalt geklärt sein: haben wir auch vor Gericht gute Chancen?

Einstweilige Verfügung

In der Regel fällt die Einstweilige Verfügung nie so aus, wie man es gerne hätte, und ich sage da mal etwas überspitzt: das Urteil ist hier Nebensache und überflüssig. Das möchte ich erklären.

Wenn Sonja Sonnenschein negatives über einen im Internet verbreitet, dann will man doch, dass dies nicht nur rückgängig gemacht wird, sondern das es in Zukunft auch unterlassen wird. Also stellt man einen Antrag sinngemäss: “Sonja hat es zu unterlassen, mich zu beleidigen”. Dem wird ein Gericht wohl nie zustimmen, weil es KÖNNTE ja die GANZ SELTENE Ausnahme geben, dass aus irgendeinem Grund eine Rechtfertigung besteht, genau das zu tun. Also fordert das Gericht auf, zu präzisieren. Aus “die darf mich nicht mehr beleidigen” wird dann “die darf nicht mehr sagen: Arschloch, Idiot und Vollpfosten”. Jawoll, dafür wird es dann eine einstweilige Verfügung geben.

Und morgen schreibt Sonja dann auf FB für alle lesbar: “der Typ ist ein Schwachkopf, ein Depp und ein Psychopath”.

EIGENTLICH wollte man alle Beleidigungen untersagen, aber man reduziert sich auf bestimmte Floskeln. Was also dann? Klagt man dagegen dann auch wieder, bis der Sprachschatz der Beleidigungen ausgeschöpft ist? Vermutlich nicht.

Somit ist mein persönliches Fazit: das Urteil, “die darf nicht mehr sagen dass ich ein Vollidiot bin” spielt keine Rolle. Eine Rolle spielt, das Ganze gewonnen zu haben, es der anderen Seite möglichst teuer gemacht zu haben und zu hoffen, dass sie kein Geld hat, sich solch eine Verfehlung ein zweites Mal zu leisten. Und das ist bei den deutschen Gerichten wirklich ein Pokerspiel und hier sollte man wirklich einen Fachanwalt an seiner Seite haben. Sonst endet das so, wie bei Sonja 😉

Klage wg . Schadenersatz / Schmerzensgeld

Hat man die einstweilige Verfügung gewonnen, hat man eigentlich nichts gewonnen. Es hat Zeit gekostet, Geld gekostet, Nerven gekostet, und die Beschuldigte wurde verurteilt, ein Wort nicht mehr in den Mund zu nehmen, aber ein anderes ist legal (oder analog natürlich). Auch, wenn sie die Kosten trägt und auch, wenn sie das Geld wirklich zahlt……. war es das wert? Vielleicht hat man ihr finanziell geschadet, was eine Genugtuung sein kann, aber man hat ja nichts davon.

Da überlegt man dann, eine Klage auf Schadenersatz / Schmerzensgeld anzustreben, damit a) die Gegenseite nochmal richtig schön zahlen muss und b) man dann auch mal ein paar hundert oder tausend Euro an Gewinn verbuchen kann.

Hier ist absolut nicht abzuschätzen, wie das ausgeht. Klar, wenn man so verunglimpft wurde, dass man sein Geschäft aufgeben musste, der Vermieter einem gekündigt hat……. dann sind die Chancen hoch, aber es ist ja auch nur ein Schadenersatz. Es gab ja schon einen gewissen Verlust vorab, also ist ein gewonnenes Verfahren auch kein Gewinn. Bleibt das Schmerzensgeld.

Hier ist überhaupt nicht absehbar, ob man damit durchkommt. Es kann gut gehen, es kann in die Hose gehen. Selbst die meisten Anwälte sind da sehr zurückhaltend, und wenn man nicht gerade eine gute Rechtsschutzversicherung oder das nötige Bargeld hat, um dieses Risiko einzugehen, dann sollte man vielleicht die Finger davon lassen (so viel zum Thema “alle sind vor dem Gesetz gleich”).

Das persönliche Fazit: wo bleibt die Genugtuung?

Mir persönlich ist egal, wie der Duden oder Wikipedia das Wort “Genugtuung” definiert. Für mich bedeutet es: es ist genug getan worden, dass ich mit dem Ergebnis leben kann.

Für mich hat Genugtuung überhaupt nichts mit Gerechtigkeit und Gesetz zu tun. Gerechtigkeit ist das Ergebnis eines Prozesses, der auf dem vom Staat festgelegten Regeln basiert, wie Menschen mit einander umzugehen haben – dem Gesetz. Da ist Gerechtigkeit sehr subjektiv.

Im Extremfall bin ich pleite, habe nichts (wirklich) erreicht und Sonja macht weiter wie bisher?? Hält der Staat mich für blöd?

Vielleicht sollte man einfach nur noch einen Strafantrag stellen, und wenn der Staat mal wieder ein Auge zudrückt, stehen die Chancen gut, dass er da auch bei anderen macht. Das vorgestreckte Geld für ein Zivilverfahren (sagen wir mal locker 5.000 Euro) können im Bereich des Strafrechtes wahnsinnig “gewinnbringend” genutzt werden. Und es geht im Strafrecht nur um die Wahrheit. Was, wenn die Wahrheit nicht gefunden werden kann? Oder das Gericht etwas anderes als wahr ansieht?

Jedenfalls: bei geringerem finanziellen Risiko habe ich lieber für den Rest des Lebens ein Dauergrinsen im Gesicht und jemand anderes traut sich (vielleicht) nie wieder aus dem Haus oder schafft es nicht mehr, Nüsse zu essen, als jemandem verbieten zu lassen, ein bestimmtes Wort zu sagen und ich dann 30 Jahre lang meinem Geld nachlaufen kann.

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