03.12.2023 – Update: Sag niemals “nie”….

Es ist Samstag, der 02.12.2023. Endlich Wochenende, endlich gemeinsame Zeit mit meiner Frau und den Hunden. Draussen liegen knapp 20 cm Schnee, hier drinnen duftet es nach Weihnachtstee mit Amaretto, die Hunde schnurcheln in ihren Körbchen oder auf der Couch. Meine Frau spricht an der Tür mit einem Bekannten, der uns etwas vorbeibringen wollte. Der USB-Stick war schon mit einer Krimi-Serie gefüllt, gleich sollte es gemütlich werden.

Dann klingelt mein Telefon. Ein Blick auf’s Display: meine Chefin. BITTE NICHT!!!! Notfall? Raus in die Kälte, sich die Nächte um die Ohren schlagen, Sonderdienst?

Gott sei Dank nicht – sie wollte wissen, ob sie jemandem meine Kontaktdaten geben dürfe. Derjenige (besser: diejenige) habe ein grosses Problem und die einzige Person, die meiner Chefin einfallen würde, das Problem lösen zu können, wäre ich. Nachtigall, ick hör Dir………

Und ich sollte Recht behalten: häusliche Gewalt. Einsatz mit Polizei, Jugendamt, Ordnungsbehörde. Glückliche Wohlstandsfamilie mit grossem Eigenheim, Kindern und Hund löst sich in Luft auf, weil “Mann” vermutlich so einen riesigen Schwanz hat, der mit Blut gefüllt werden muss, dass im Hirn einfach nichts mehr ankommt.

Für die geschädigte Ehefrau ist das bekannte Leben vorbei, neue Wohnung zwar gefunden, aber aus nachvollziehbaren Gründen nur ohne Hund. Mutter der geschädigten Ehefrau kann sich vielleicht mal eine Woche um den Hund kümmern, aber bei dem Kaliber auch nicht auf Dauer. Tierheim Siegen lehnt ab, Tierheim Olpe nicht erreicht. Blutleerer Ehemann stellt den Hund quasi auf die Strasse.

Es musste eine Lösung her – jetzt! Im Schnelldurchgang juristische Möglichkeiten erörtert – keine Chance. Im Schnelldurchgang versucht, ob andere Leute den Hund nehmen können, bitte auf Dauer und nicht als Pflegestelle. Keine Chance. Wie werde ich meine Gedanken meiner Frau erklären, die gleich wieder rein kommt?

So oft, eher aus Spass, habe ich gesagt “och schau mal, der würde doch auch noch gut bei uns reinpassen”. Grosser Fehler. Ich erhielt eine Auflistung aller Gründe, die wir gemeinsam erarbeitet haben, warum wir unseren Gnadenhof auslaufen lassen und keine neuen Hunde mehr aufnehmen wollen – im Befehlston!

Ja, wir sind nicht mehr die Jüngsten, ja, wir haben unsere Jobs, ja, wie haben gerade so ein toll funktionierendes Team zusammen, das macht man sich vielleicht wieder kaputt, ja, das kostet Zeit und Nerven. Aber über allem steht der von uns beiden so gesehene Grund: wenn aus einem Patienten dann irgendwann ein Familienmitglied geworden ist, für den wir auch Sozialpartner sind, und unser “Kind” verstirbt, dann hinterlässt das Narben. Krater. Irgendwann kann, irgendwann will man das nicht mehr. Unser Entschluss stand fest: wir nehmen keine Hunde mehr auf! Basta.

Ich verweise auf die Überschrift dieses Beitrags. Waren es die Schilderungen der netten Dame am anderen Ende, die sehr sachlich und ruhig, dennoch voller Verzweiflung mit uns versucht hat, eine Lösung zu finden? War es die Logik, dass wir schon viel mehr Hunde hatten und das es auch finanziell keine Belastung wäre? Oder waren es einfach die uns zugeschickten Bilder, die Sabine dazu brachten, zu sagen: “der erinnert mich voll an ‘Benji’ (†)”.

Eigentlich hatte ich mich auf lange Diskussionen mit meiner Frau eingestellt, die ich in dem Zusammenhang eigentlich immer verliere. Gestern nicht. Ich brauchte keine Überredungsstrategie. Die meisten und besten Ideen, wie man das hinbekommen könnte, kamen von ihr. Somit konnten wir gestern Abend noch der unter Tränen stehenden Dame mitteilen: “‘Davu’ darf bei uns einziehen. Für immer.”

“Davu” ist ein 8-jähriger, reinrassiger Ridgeback, und wenn meine Recherchen stimmen, bedeutet sein Name “guter Junge”. Wenn’s stimmt freut sich unser “David” bestimmt wie ein Schneekönig. Die “alte” Sissy mag nämlich nicht mehr so spielen, wie er. Jetzt noch ein wenig Hebräisch-Grundkenntnisse aneignen, damit die beiden (sich) auch verstehen, und dann sind wir wieder die “Bekloppten mit den vielen Hunden” 🙂 Irgendwie haben die Leute ja auch Recht……….

Schauen wir also, wie es weiter geht mit David, Davu, Sissy, Spike und Struppi. Wir ziehen jetzt das Telefon aus der Buchse und das Handy geht in Flugmodus. Das war jetzt WIRKLICH der letzte Hund, der auf unserem Gnadenhof einziehen wird 😉

Update:

Der Herr ist gut angekommen, heisst eigentlich “Davu Farah” und hat mehr Auszeichnungen als ein Vier-Sterne-General. Ein ganz toller Kerl, der bestimmt keine Probleme machen wird. Unsere sind im Moment noch ein wenig zickig, aber das ist alles im Rahmen und wird sich legen.

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