Update ganz unten – guten Appetit.
….. es braucht erstmal dringend Fachkräfte mit Hirn.
Es ist der 17.03.2025. Ich spreche mal wieder mit meiner Freundin “Ellak” in Deutschland. Sie schildert mir die unglaubliche Geschichte eines medizinischen Problems, welches sich über einige Monate hinzog und zuletzt in einem Krankenhaus-Chaos endete.
Ellak hat einen körperlich recht harten Job – sie muss böse Männer unter Kontrolle bringen. Das nur nebenbei. Seit einiger Zeit bemerkt sie, dass sie den Arm nicht mehr so gut bewegen kann. Sie hat Schmerzen, wenn Sie den Arm über Schulterhöhe hebt, und dann ist Schluss. Sie bewegt ihn dann ein wenig hin und her, und es knackt, und dann geht’s wieder. Sie sucht ihren Hausarzt auf, denn zu einem Facharzt kann sie sich ja nicht selbst überweisen.
Den Hausarzt interessiert das nur so am Rande. “Nehmen Sie mal ein wenig Ibuprofen 800, das ist auch gut gegen Entzündungen”. Nahm sie dann eine Weile, half natürlich gegen den Schmerz, aber wie erwartet, bekämpfte es die Ursachen nicht.
Sie ging also wieder zum Arzt. Der überwies sie dann an die Physiotherapie. Dort sollte sie mal richtig durchgeknetet werden, und dann würde das schon wieder gehen. Nach einigen Einheiten meinte der Physiotherapeut, das wäre vermutlich nicht zielführend. Aus eigener Erfahrung vermute er ein sog. “Shoulder Impingement Syndrome”, also eine Verengung irgendeines Kanals im Schulterbereich, der auf Nerv und / oder Sehne drückt und Schmerzen verursacht. Sollte es das sein, müsse wohl operiert werden. Sie solle nochmal mit ihrem Arzt sprechen. Also zum Hausarzt und das Gehörte geschildert. Der überweist sie dann zu einem Orthopäden.
Der hört sich das an, stimmt zu, dass es dieses “Impingement-Syndrom” sein könne. Das müsse man mal röntgen. Leider hat er kein Röntgengerät (als Orthopäde!), und überweist zu einer Radiologie-Klinik. Termin in ein paar Tagen.
Orthopäde bekommt das Röntgenbild und kann darauf nichts erkennen, auch der Röntgenbericht sagt nichts aus. Dann müsse man wohl mal ein MRT machen. Er überweist Ellak an eine Radiologie-Klinik. Bereits innerhalb von 14 Tagen (das ist in Deutschland angeblich wirklich sportlich) erhält sie einen MRT-Termin. MRT wird gemacht.
Ellak geht wieder zum Orthopäden, eine CD mit den Bildern gibt es nicht mehr, das geht alles nur noch per QR-Code. Wow, man wird langsam fortschrittlich im deutschen Gesundheitssystem. Leider, leider………. bis Ellak einen Termin beim Orthopäden bekam war der QR-Code dann schon wieder abgelaufen und der Orthopäde konnte sich die Bilder nicht ansehen und den dazugehörigen Bericht auch nicht.
Ellak fährt nach Hause, telefoniert mit der Klinik, und bekommt prompt innerhalb von wenigen Tagen einen neuen QR-Code für die MRT-Bilder – per Post in den Briefkasten. Ellak macht ganz schnell einen neuen Termin beim Orthopäden, er schaut sich die Bilder an, meint “da ist wirklich was”, und “es gibt da so eine helle Stelle, da könnte was entzündet sein”. Das solle man erstmal wegbekommen. Ibuprofen 800 solle da helfen. Solle sie mal nehmen, bis sie keine Schmerzen mehr verspüre. Gefühlte Packungen Ibu später – Schmerzen gehen nicht weg.
Ellak fragt, ob denn da nicht mal operiert werden müsste. Orthopäde möchte sich die Bilder doch nochmal genauer ansehen, aber…….. leider funktioniert der QR-Code nicht mehr. Altes Spiel: Ellak besorgt einen neuen, bringt ihm zum Orthopäden (natürlich wieder irgendwas von zwei Wochen später), und dann kommt der Orthopäde zu dem Entschluss: “doch, doch, da muss man wirklich was machen”. Aha, auf magische Weise haben sich die MRT-Bilder nun “verschlechtert”, oder was? Überweisung zu Prof. Dr. Dr. Schiessmichtot in eine von vier lokalen HiTech-Super-Luxus-Spezialkliniken der Stadt.
Ellak telefoniert mit dem Sekretariat der Klinik. Kein Problem, sie solle in drei Wochen vorbeikommen zu einer ersten Untersuchung. Sie fährt ins Krankenhaus, wartet eine halbe Stunde, sollte danach dann zum Röntgen gehen (hä, so viel zum Thema “digitale Patientenakte”, müsste da nicht bereits ein Röntgenbild zu finden sein, auf dem man angeblich ja eh nichts erkennen kann?) und dort eine halbe Stunde warten. Röntgenbild angefertigt, wieder zum Oberarzt, 15 Minuten warten. Der hat sich dann alles angeschaut, Ellak körperlich untersucht. Kurz (eine halbe Stunde) warten, bis die Chefärztin alles absegnet und dann in das Sekretariat des Prof. Dr. Dr. Schiessmichtot, um einen Termin zu machen für die Voruntersuchung (hä???? Wegen was war sie dann jetzt da????) und einen OP-Termin. Abstrich zur Prüfung auf Keime genommen, fertig, ab nach Hause.
Eine Woche später Termin an einem Montag um 9.00 Uhr zu besagter “Voruntersuchung”. Dort wird sie dann von einem Wartezimmer ins andere geschickt, und um 11.30 Uhr wird sie dann hereingebeten. Erstmal eine Blutuntersuchung – selbe Etage, zwei Räume weiter. Danach wieder ins Wartezimmer, eine Stunde warten. Endlich: sie wurde zum Arzt hereingerufen, der ihr erklärte was getan werden sollte. Sie war richtig glücklich, es nun hinter sich zu haben. Dachte sie. Allerdings musste sie nach dem Arztgespräch dann nochmal vom zweiten Stock runter in den Keller zur Anästhesiologie. Halbe Stunde warten, Gespräch mit der Narkoseärztin, dann wieder in den zweiten Stock. Eine halbe Stunde warten.
Da fiel den Fachkräften dann ein, dass Ellak eigentlich wieder runter ins Erdgeschoss müsse, zum Oberarzt, wo sie nochmal eine halbe Stunde warten musste. Kurze Begrüssung, schnell im Computer nachgeschaut, ob Ellak alle erforderlichen Stationen durchlaufen hat, und dann wieder in den zweiten Stock, um sich dort eine Telefonnummer abzuholen. Dort sollte sie am darauffolgenden Dienstag (also heute) anrufen, wann sie zu ihrem OP-Termin am Mittwoch erscheinen soll.
Es wird Dienstag. Pünktlich zur angegebenen Uhrzeit ruft Ellak die angegebene Nummer an. Eine Dame geht ans Telefon und ist verwirrt: “sie stehen nicht auf meinem OP-Plan für morgen”. Wer Ellak kennt……. sie wurde etwas stinkig.

Ellak möge doch bitte die Sekretärin von Prof. Dr. Dr. Schiessmichtot anrufen, die müsse das ja wissen. Ellak ruft an – keiner nimmt ab. Ellak versucht es erneut – besetzt. Ellak versucht es erneut – keiner geht ran. Ellak ruft die verwirrte Fachkraft erneut an, die noch verwirrter wurde, weil die Sekretärin des Prof. Dr. Dr. Schiessmichtot doch eigentlich noch bis 17.30 Uhr im Hause sei.
Ellak ruft die Sektretärin des Prof……. ach leck mich am Arsch……… nochmals an, es geht keiner ran. Sie versucht es erneut – es geht keiner ran. Ellak ruft die Zentrale an und will sich verbinden lassen. Die Zentrale ist der Meinung, das Sekretariat sei um diese Uhrzeit nicht besetzt, versucht sie aber zu verbinden. Es klappt nicht. Sie versucht eine andere Nummer. Dort nahm jemand ab, und diese Dame ist dann in das Büro der Sekretärin von Prof. LeckmichamArsch gegangen, und teilte Ellak dann mit, dass besagte Sekretärin sich bei ihr zurückmelden würde.
Das geschah tatsächlich ca. 15 Minuten später. Die Sekretärin von Ihrwisstschonwem teilte Ellak mit, dass sie in der Tat am morgigen Tage (also Mittwoch) nicht operiert würde, da man aus der “ganzen Umgebung” dank der Krankenhausreform alle Notfälle überstellt bekäme, und die natürlich Vorrang hätten. Aber sie könne ihr mitteilen, dass Ellak doch am Mittwoch um die gleiche Uhrzeit die gleiche Nummer anrufen solle, die sie auch heute schon angerufen hat. Ihr wisst, die maximal verwirrte Fachkraft. Die könne ihr dann sagen, wann der OP-Termin nun wirklich stattfinden würde. Geplant wäre er, Stand Dienstag, für Freitag (statt Mittwoch) um 10.40. Sie könne auch versprechen, dass der Termin zumindest kein weiteres Mal verschoben würde. Und sie könne dann auch garantiert am Samstag nach Hause gehen. Versprochen.
Ob das dann auch Freitag klappt, das erzählt Ellak mir dann, wenn wir uns das nächste Mal hören. Ich bin schon ganz gespannt und kümmere mich jetzt erstmal um meine eigenen Patienten. Die kriegen 35 mg Carprofen in Möhrchen gedrückt. Das lieben sie und knutschen einen danach ab.

Möhrchen oder Leberwurst, liebe Humanmediziner – einfach mal bei Euren Patienten versuchen!!!* So, und nach der Story brauche ich auch erstmal was für die Nerven. לחיים und skål!


*) in Abhängigkeit von “Veganer” oder nicht. Ach ja, und NICHT i.v. Wirklich nicht, niemals, never ever, aldrig, לְעוֹלָם לֹא.
UPDATE 20.06.2025


