Es könnte von Vorteil sehen, die Bücher “A Song of Ice and Fire” von George R. R. Martin gelesen zu haben, oder die Serie “Game of Thrones” geschaut zu haben. Das hilft einem ein wenig durch die ansonsten möglicherweise nicht ganz so einfach verständliche Story hindurch.
Charaktere und Institutionen
Charaktere und Institutionen
Sir Josiah vom Waldberg
Ehemaliger Offizier der Königsgarde derer “zwischen dem Fluss und See”, zog vom “Waldberg” im Morgenland (besitzt dort ein paar Morgen Land) ins ferne Abendland, um hier zu geniessen, wie dort die Sonne untergeht. Einstiger Freund und Mitstreiter derer “von Diptera”, später in Ungnade gefallen und von diesen bekämpft. Verheiratet mit Lady Sabse von Gifhorn, mit der er eine kleine Burg bewohnt.
Lady Sabse von Gifhorn
Viel ist von Lady Sabse nicht bekannt, außer, dass Sie mit Sir Josiah verheiratet ist, gemeinsam eine kleine Burg bewohnen und beide kinderlos sind.
Lord “Füchschen” der Chatten
Eher ein Nebendarsteller, der aufgrund seiner zunächst anbiedernden, später aber feigen und rückgratlosen Art bei vielen in Ungnade gefallen und somit aus dem öffentlichen Leben verschwunden ist.
Prinzessin Testina von Diptera
Genannt “Ihre Korpulenz”, “die Hochmütige”, “die nimmer lacht”, verwitwet, Nachfahre des berühmten Hauses derer “von Diptera”, eine “Trägerin des blauen Blutes”, Regentin der Hohen Heide, Hohe Septa aller “Bünde der Schutzbedürftigen”, auf Empfehlung der “Bruderschaft der Schutzheiligen” jetzt vermählt mit Sir Tomlen von Hliuni
Sir Tomlen von Hliuni
Genannt “der Faltenlose”, aus dem einstigen Bewunderer Prinzessin Testinas wurde auf Empfehlung der “Bruderschaft der Schutzheiligen” eine Ehe angebahnt. Heute Gemahl Prinzessin Testinas, Prinzregent der Hohen Heide, Maester der “Bruderschaft der Schutzheiligen”
Sir Toben von Treva
Der königliche Meister des Rechts, verantwortlich für die Vertretung königlicher Interessen vor den Kammern der Justiz, ein nur scheinbar enger Freund derer “von Diptera”, hat seinen Amtssitz in der Freien Reichsstadt Treva
Die Kammer der Hohen Iustiz
Eine Institution der Rechtsprechung, gelegen im Ort Stood in Neddersassen
Die Kammer der Höchsten Iustiz
Eine der Kammer der Hohen Iustiz in Stood übergeordnete Institution der Rechtsprechung, gelegen im Ort Kellu in Neddersassen
Lord Jaris
Genannt “das Gesicht” oder auch “die Spinne”. Besass ein Netzwerk von Informanten in ganz Alemannien und darüber hinaus. Wusste stets alles über jeden zu berichten, und die pikantesten Details veröffentliche er in einem Buch, welches er auch der breiten Masse zugänglich machen wollte. Gemeinhin war dieses Buch als das mysteriöse “Gesichts-Buch” bekannt.
Madame Ihgitte de Gauloises
Nebencharakter, Gastrolle. Kein “Mitglied der Bruderschaft der Schutzheiligen”, mehr ein Mitläufer. Früher Anwärterin auf eine Mitgliedschaft, heute als Hofnarr verlacht. Genannt “die Lügenbaronin”, da fast nichts, was zwischen ihren gelben Zähnen geäussert wird, der Wahrheit entspricht. Eine Meisterin der Recherche, so glaubt sie, kennt aber weder den Unterschied zwischen Pergament und Pergamon, noch zwischen Regen und Staufen. Versuchte einst ebenfalls eine Schlacht gegen Sir Josiah zu schlagen, was ihr Haus in den Abgrund führte und dessen fortwährende Folgen sie gesellschaftlich, finanziell und körperlich ruinieren werden.
Die Geschichte
Die Geschichte
Kapitel Eins
Nachdem Sir Josiah mit Lady Sabse vor mehr als 20 Jahren das Bündnis der Ehe schloss, beschlossen sie, all ihre Ländereien verwalten zu lassen und ein kleines bescheidenes Heim im Nirgendwo mitten in Deutschland zu erwerben, um diese ihrem gemeinsamen Lebensinhalte zu widmen: dem Schutz nichtmenschlichen Lebens. Sowohl Lady Sabse als auch Sir Josiah beschlossen, sofern es ihnen möglich wäre, einen gewissen Teil ihres Vermögens und den grössten Teil ihrer Zeit in dieses Herzensprojekt zu stecken. So blieb es nicht aus, dass die Kunde über ihr Handeln weit über die Grenzen der eigenen Burganlage hinaus bekannt wurde, und auf den Marktplätzen, Tavernen und Hallen so mancher hoher Herren über sie getuschelt wurde.
Eines Tages erreichte Sie ein Rabe mit einer Nachricht einer kleinen Gruppe von hochwohlgeborenen Personen als auch dem eher niederen Volk, welche ähnliche Interessen wie Sir Josiah und seiner Lady Sabse verfolgten. Diese Gruppe nannte sich die “Bruderschaft der Schutzheiligen”.
So mancher Rabe flog zum gemeinsamen Austausch übers Land, und so kam unter anderem auch ein reger Kontakt zu Prinzessin Testina zustande. Viele Nächte sass Sir Josiah im Schein seiner Kerzen, ließ seinen Federkiel über das Pergament fliegen, um einige Stunden später erneut einen Raben in den hohen Norden zu schicken.
So geschah es, dass irgendwann Prinzessin Testina mit der Bitte bei Sir Josiah aufwartete, sie und ein paar Mitstreiter doch gemeinsam auf eine Fuchsbeobachtung zu begleiten. Prinzessin Testina wollte mit Staffelei und Farbe losziehen und die Tiere beobachten.
Sir Josiah, ob seiner militärischen Laufbahn bei denen “zwischen Fluss und See”, war einer der wenigen, die ein sog. Fernrohr besaßen. Etwas, dass man im grossen Reich der Alemannen bis dato eher selten fand. Und so wurde Sir Josiah gebeten, sich doch auf die lange und beschwerliche Reise zu begeben, und die damals noch kleine Gruppe der “Bruderschaft der Schutzheiligen” zu besuchen und zu begleiten.
“Füchse”, so Sir Josiah, haben wir in den hiesigen Wäldern zu Hauf, ja sogar in unserem Burghof tummeln sie sich. Warum sollte ich die Mühen und eine mehrtägige Reise in den hohen Norden auf mich nehmen, für etwas, was ich auch hier jeden Tag genießen kann?” Er schickte einen Raben an Prinzessin Testina und erläuterte seine ablehnende Haltung.
Nach einigen Versuchen seitens Prinzessin Testina, Sir Josiah klar zu machen, was das eigentliche Ansinnen ihrer kleinen Truppe war – Sir Josiah neigt manchmal zu einer gewissen Naivität – beschloss sie deutlicher zu werden. Nachdem sie sich versichert hatte, dass keine Spione die hoheitlichen Raben vom Himmel holen würden, um sich der Botschaft an Sir Josiah zu bemächtigen, teilte sie ihm deutlich mit: “Sir Josiah, nicht die Gemälde über die Schönheit der Füchse sind unser eigentliches Ansinnen, sondern die Belagerung und das Schleifen des einen oder anderen Jagdschlosses, welches von widerwärtigen Kreaturen meines Standes in den hiesigen Wäldern errichtet wurden. Bitte teilt uns umgehend Eure Meinung hierzu mit, wir werden zur Erleichterung der beschwerlichen Reise ein königliche Kutsche zur Verfügung stellen und auch eine standesgemässe Unterkunft wird sich für Euresgleichen finden lassen. Bitte denkt auch an dieses “Sehglas”.”
“Bei aller Liebe”, so dachte sich Sir Josiah, “soll sie doch ihre eigenen Mannen dazu verwenden, feindliche Burganlagen zu schleifen, ich brauche meinen Truppen in den eigenen Wäldern. Für so etwas benötigt sie mich nicht und mir fehlt Zeit und Lust.”
Vermutlich war es diese ablehnende Haltung von Sir Josiah, der das Verhältnis zur Bruderschaft, insbesondere aber zu Prinzessin Testina, die sich hier in ihrer königlichen Ehre angegriffen sah, dass sich das Verhältnis zwischen den Häusern merklich abkühlte.
Die Raben überflogen nur noch selten die Mittelgebirge, damit Prinzessin Testina und Sir Josiah sich austauschen konnten. Stattdessen vefolgte Lady Sabse als auch Sir Josiah voller Spannung die monatliche Ausgabe des “Gesichts-Buches” von Lord Jaris.
Dieser hatte einen Narren daran gefressen, alles, was er für anzüglich und tuschelbar hielt, niederschreiben und drucken zu lassen, um jeden im Lande über die Auswüchse eines anderen informiert zu halten. So gelangten dann auch weiterhin spärliche Informationen an den Kamin des Sir Josiah – auch über die Bruderschaft und Prinzessin Testina.
Eines Tages las er dort einen Artikel von Prinzessin Testina, dass einige Adlige unter den Alemannen wohl gedachten, ganze Wälder roden zu lassen, um dort Flaniermeilen oder Ziergärten nach angelsächsischem Vorbild anlegen zu lassen. Erzürnt über die Vernichtung des Lebensraums derer, die er zu schützen gedachte, sandte er einen Boten aus, um herausfinden, wie es um dieses Gerücht denn wohl bestellt sei.
Der Bote kam nach einigen Tagen mit der Kunde zurück, dass dieser Vorwurf unhaltbar sei. In einigen Fällen dachte man wohl wirklich darüber nach, abgestorbene oder durch Sturm geschädigte Morgen Wald durch Ziergärten zu ersetzen, aber nicht in dem Ausmaße, wie von Prinzessin Testina beschrieben.
Sir Josiah bat daraufhin Lord Jaris, in seinem Buch klarzustellen, dass Prinzessin Testina durch bewusste Verdrehung der Tatsachen eine negative Einstellung gegen über ihr unliebsamen Standesgenossen verbreiten wolle. Mit anderen Worten: sie log, um andere zu diskreditieren. Unschicklich, wie Sir Josiah meinte.
Wahrheit ist nicht jedermanns Gefährte, und somit wurde das geflügelte Wort “der Winter naht” auch zum Sinnbild zwischen Sir Josiah und Prinzessin Testina. Denn Sir Josiah verfasste seinerseits einen Artikel im “Gesichts-Buch”, wo er mittels Beweisen widerlegte, dass die Äusserungen der Prinzessin so nicht zu halten waren.
Wie zufällig traf Sir Josiah auf einem Markt auf Lord “Füchschen”, einen Herren des Hauses der Chatten. Sie tauschten sich über die so offensichtlichen falschen Aussagen der Prinzessin Testina aus und rätselten, was wohl das Ansinnen sein könne. Auch Lord Füchschen hatte einige Anmerkungen zu machen – insbesondere hielt sich das Gerücht, die verwitwete Prinzessin wolle sich erneut vermählen, und zwar diesmal mit Sir Tomlen von Hliuni. Die Erwähnung dieser möglichen Konstellation der beiden Häuser hinterliess bei den Meisten eine Prusten und ein Husten, und auch Sir Josiah und Lord Füchschen konnten sich ein süffisantes Lächeln nicht verkneifen.
Damit nicht genug, erwähnte Lord Füchschen doch, im Gesichts-Buch ein Gemälde eines zeitgenössischen Künstlers gesehen zu haben, der ihre Hoheit mit dem zukünftigen Gefährten ihrer Wahl zeigen sollen. Er versprach, sich zu bemühen, dieses Gemäldes habhaft zu werden und es seinerseits zu veröffentlichen.
Es vergingen Wochen, und es gelang Lord Füchschen nicht, dieses Gemälde in seine Hände zu bekommen. Er fasste somit den Beschluss, dieses Gemälde zu kopieren und versah es seinerseits mit einigen zeitgenössischen Zierelementen. Voller Vorfreude präsentierte er dieses Gemälde im Rahmen einer kleinen Feierlichkeit in den Hallen des Sir Josiah, der sich köstlich darüber amüsierte. Dieses Kunstwerk sollte die ganze Welt kennenlernen! Sprach’s, und veröffentlichte dieses im berühmt-berüchtigten Gesichts-Buch des Lord Jaris.
Dazu verfasste er einen kritischen Artikel über das zukünftige Ehemännchen Ihrer Korpulenz, der Prinzessin, in dem er seinen Lesern vor Augen hielt, welche dümmlichen Beweis- und Argumentationsketten Sir Tomlen für seine polemischen Artikel und verschwörerischen Ansichten bezüglich diversen Jagdfrevels verwendete, und schloss daraus, dass eine Leserschaft, die derart dümmliche Artikel benötige, um sich belehren zu lassen und eine Meinung zu bilden, vermutlich auch zu dumm wären, ein Loch in den Schnee zu pinkeln. Um den Autor dieser dümmlichen Artikel zu benennen, verwendete er besagtes Bild von Lord Füchschen. Jeder sollte sehen, welche fachliche Qualifikation das zukünftige Herrscherpaar öffentlich zur Schau stellte.
Auch Vorträge der Prinzessin in Bezug auf diverse Krankheiten, die sie zu kennen glaubte, las Sir Josiah mit Genuss, um diese dann anhand von Beweisen zu widerlegen. “Schuster bleib bei Deinen Leisten” heißt es. Wer sich Zeitlebens den bildgebenden, schönen Künsten widmet, sollte vielleicht nicht glauben, auf einmal zum Maester der Heilkunde geworden zu sein, nur, weil man “hämorrhagische Septikämie” halbwegs fehlerfrei lesen kann.
Kapitel Zwei
Es vergingen wenige Tage, da erreichte ein Bote zu Pferd Sir Josiah und Lady Sabse. Dieser überreichte eine Forderungsaufstellung eines “Toben von Treva”, der sich an schickte, der iustizliche Vertreter des Hauses derer von Diptera zu sein. Man forderte Sir Josiah umgehend dazu auf, der Verbreitung seines schändlichen Artikels Einhalt zu gebieten, ansonsten würde das Haus “von Diptera” alles in Bewegung setzen, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. “Sir Toben” – dieser Name hatte Gewicht und Bedeutung. Denn es war Land auf Land ab bekannt, dass Sir Toben wahrlich ein Meister des Rechts war, den viele fürchteten, aber eben nur diejenigen, welche sich an seine Spielregeln hielten. Und die waren immer zum Vorteil des Sir Toben, nicht immer zum Vorteil derer, die er vor den Kammern der Iustiz vertrat. Denn Sir Toben’s Horizont beschränkte sich auf Gold Dukaten, Juwelen und andere haptische Reichtümer – diese Eigenschaft teilte er mit Prinzessin Testina, weshalb die beiden sich offensichtlich bestens verstanden. Dass es, insbesondere aus Sicht seines Klientels, noch weitaus Wichtigeres gab, als der schnöde Mammon, konnten viele seiner Klienten ihm irgendwann nicht mehr erklären, denn ihm ging es weder um Gerechtigkeit noch um Wahrheit. Was immer zur Vermehrung der eigenen Dukaten führen könne, wurde in Erwägung gezogen.
Sir Josiah gehörte nicht zu denen, die sich von solcher Kunde einschüchtern lassen, und harrte der Dinge, die da wohl kommen mochten. Und sie kamen.
Sir Toben zog alle Register, um die Kammer der Hohen Iustiz davon zu überzeugen, dass Sir Josiah hier schändliche Schuld auf sich geladen habe, das zukünftige Traumpaar alemannischen Hochadels derart in den Schmutz zu ziehen, dass Sir Josiah fürchtete, der kleine Sir Toben könne gar seinen Kopf fordern! Dies blieb zum Glück aus, aber das Hohe Haus der Iustiz machte Sir Josiah klar, dass die von Lord Füchschen gefertigte Darstellung des künftigen Herrscherpaares nichts mit der Realität gemein habe, und auch, wenn dieser künstlerische Frevel moralisch absolut zu Lasten des Lord Füchschen gehe, es immer noch der Verantwortung und damit auch der Schuld des Sir Josiah zuzuschreiben sei, dieses Bildnis veröffentlicht zu haben. Sir Josiah fand das ein wenig “meschugge”, wie man in seinen Gefilden zu sagen pflegt, aber konnte die Darlegung der Kammer durchaus anhand alemannischen Rechts nachvollziehen. Er gestand seine Schuld ein.
Nicht eingestehen konnte er hingegen, warum die Prinzessin die “urinöse” Aussage bezüglich des Pinkelns in den Schnee auf ihre eigene Intelligenz bezog, und noch viel weniger, warum diese Ansicht auch die Kammer teilte. Wie er sich auch windete, wandte und wundte – auch hier wurde er schuldig gesprochen.
“Warum hier ein Fass schlechten Weines aufmachen”, dachte sich Sir Josiah, und beliess es dabei. Er akzeptierte die Verurteilung, neben den Kosten für seinen eigenen Rechtsbeistand auch Kost und Logis des Sir Toben tragen zu müssen, inklusive der Reinigung öffentlicher Wege, die durch den Durchfall des Kleppers des Sir Toben notwendig geworden war. Sir Josiah versteckt sich vor keiner Konfrontation, kann austeilen und einstecken. Und sehr oft auch einmal Fünfe gerade sein lassen. Und vor allem: wenn er einen Fehler macht, dann zieht er sich den Schuh an. Mit allen Konsequenzen. Da gibt es hier eine Entschuldigung, da einen Beutel Dukaten. Hier zog er sich den Schuh an, auch, wenn er nicht so ganz passen wollte. Damit war dann die Streitigkeit beigelegt.
Kapitel Drei
Wirklich? Es vergingen wenige Tage, da erschien erneut ein Bote des Sir Toben vor den Mauern des Sir Josiah. Wieder brachte er Kunde von Prinzessin Testina und ihrem zukünftigen Gemahl, Sir Tomlen.
Er staunte nicht schlecht, als er abends bei einer Karaffe Wein zu lesen bekam, dass die Prinzessin erneut die Dienstleistungen des Sir Toben zu nutzen in Erwägung ziehe, weil sie am Boden zerstört wäre durch die Boshaftigkeit, Niederträchtigkeit und Gemeinheit des Sir Josiah. Ihr sei ein massiver reputativer und eben auch monetärer Schaden durch die Äusserungen des Sir Josiah entstanden. Ihre Korpulenz, die Prinzessin, befürchtete, dass das gemeine Volk ihren Liebreiz zukünftig gar nicht mehr wahr nehmen würde und es würden sich bereits erste Hinweise darauf ergeben, dass Ihr Blut sich rot verfärbe – so wie das des durchschnittlichen Pöbels.
Sir Toben führte einige Punkte an, die er vor den Kammern der Iustiz zu verhandeln gedachte.
So fühlte Ihre Korpulenz sich beispielsweise darin bedroht, dass der gemeine Pöbel durch Zutun des Sir Josiah künftig wusste, wo sie denn wohne. Was war geschehen? Die Prinzessin gab bei jeder Gelegenheit gerne zum Besten, dass sie von ihrem kleinen Schloss mitten im Wald doch so gerne den Tieren zuschaue und diese auch füttere. Sir Josiah konnte anhand von Grundbüchern und alten Karten nachweisen, dass es sich weder um einen Schloss noch einen Wald handelte, sondern um ein Areal auf einem Acker, auf dem der Hochadel Gästeunterkünfte errichten und zum Sichtschutz ein paar Bäume pflanzen liess. Diese Tatsache und der Hinweis, wo jedermann sich über die Lügen der Prinzessin informieren konnte, war natürlich in die Nähe der Gotteslästerung zu setzen – oder mindestens mal eine Bedrohung ihrer Privatsphäre. Und das, obwohl der handeltreibende Hochadel dazu verpflichtet ist, seinen Stammsitz überall öffentlich einsehbar zu halten. Was jeder in öffentlichem Kartenmaterial nachschauen konnte – wenn Sir Josiah das tat, war es eine Drohung.
Weiterhin stellte Sir Toben klar, dass sich ihre hoheitliche Intoleranz sehr beleidigt und herabgesetzt fühlte, dass Sir Josiah ihr unterstellte, sie wäre zu dumm ein Loch – man möge mir den Ausdruck verzeihen – in den Schnee zu pissen. Wir erinnern uns: das hatte Sir Josiah so gar nicht gesagt. Er hatte darauf Bezug genommen, dass diverse Äusserungen aus dem Hause Diptera so oberlehrerhaft und dazu auch noch abgrundtief falsch wären, dass die Leser solcher Artikel vermutlich zu dumm wären, ein Loch in den Schnee zu pinkeln, wenn sie sich von derlei Texten belehren ließen. Über die Intelligenz der Autorin oder des Autors wurde kein Wort gesagt. Prinzessin Testina von Diptera fühlte sich aber dennoch in ihrer Würde angegriffen (was dann doch wiederum gegen ihre Intelligenz spricht), und bat Sir Toben um Hilfe bei der Wiederherstellung der Ehre.
Erinnern wir uns noch an das Bildnis von Lord Füchschen, welches er selbst erstellt und der Öffentlichkeit präsentierte? Auch da sollte Sir Josiah angeblich seine Finger im Spiel gehabt haben und zumindest unterstützt haben, dass solch schändliche Abbildungen den Weg in die Öffentlichkeit fanden. Ein Passant, der das Gemälde sah, äusserte sich herablassend darüber, dass er sich nicht vorstellen wolle, wie solch ein zerfurchtes Gesicht und ein solch massiver Haufen Zellgewebe wohl die Hochzeitsnacht verbrächten. Sir Josiah wollte dort etwas beschwichtigend eingreifen, in dem er sagte “komm, so schlimm ist das nicht”, und verwies dabei auf ein liebreizendes Bildnis der beiden, welches Sir Tomlen von Hliuni gar selbst in seinen Hallen zur Schau stellte. Auch diesen – durchaus gut gemeinten – Hinweis sah die Prinzessin als Schmähung ihrer Person an und wollte durch die Iustiz feststellen lassen, dass ihr hier massiver Schaden in ihrer Reputation entstanden sei. Was – und das ist die Wahrheit – niemals im Sinne des Sir Josiah war.
Das Pergament der Vorwürfe des Sir Toben schien kein Ende zu nehmen. Hier entrüstete sich die Prinzessin beispielsweise, dass Sir Josiah ihren Großvater, den ehrenhaften Ritter von Diptera, mit Kriminellen verglich. Sir Josiah behauptete, besagter Großvater habe sich damals einer Gruppe Raubritter angeschlossen, die Angst und Schrecken in die Welt brachten – und zwar freiwillig. Er las den “Ehrenkodex der braunen Bruderschaft” und war davon so begeistert, dass er umgehend dieser beitreten wollte, was er auch tat. Insbesondere mit der Ausrottung des Volkes der Jehudim, über welche in diesem Kodex sinniert wurde, schien er keinerlei Probleme zu haben. Darüber besteht bis heute auch unter den Vorsitzenden der Iustiz keinerlei Zweifel. Nun kam der Tag, dass diese “braune Bruderschaft” sich anschickte, ein benachbartes Königreich anzugreifen, um dort Gold, Juwelen und vor allem Land zu stehlen. Auch hier war der damals noch junge Großvater der Prinzessin voller Eifer dabei. Irgendwann gab es einige Querelen innerhalb der Bruderschaft, wie das so ist, wenn es um Machtgeschacher geht, und der junge Großvater fiel innerhalb der Bruderschaft in Ungnade. Der Krieg gegen das benachbarte Königreich ging verloren. Der Großvater, ein Offizier mittleren Ranges und Befehlshaber einer kleinen Gruppe an Soldaten, brachte diese sicher zurück in die Heimat, wofür er als Held verehrt wurde. Später, nach dem Krieg, stellte er als Angehöriger des Militärs klar, dass diese Bruderschaft nie wieder zu Waffen kommen dürfe und nie wieder einen Krieg beginnen solle. In seiner Heimat wusch diese – im wahrsten Sinne des Wortes – Augenwischerei all seine Schuld als aktives Mitglied der Bruderschaft rein. Ja, er hatte sich von der “braunen Bruderschaft” losgesagt – die wollte ihn aus verschiedenen Gründen eh nicht mehr. Die Gründe lagen aber nicht im Tun dieser Bruderschaft. Ja, er sprach sich gegen einen Krieg und eine Wiederbewaffnung der Bruderschaft aus, weil er als Militärangehöriger, der den sinnlosen Kampf der Ungerechten vorangetrieben hatte, selbst miterleben konnte, wie aussichtslos und blutig dieser Kampf doch sein könne. Und er hielt es mit Sicherheit auch im Nachhinein für Unrecht, wenn diese “braune Bruderschaft” benachbarte Königreiche überfalle. Über all dies gibt es ebenfalls keine Zweifel. Aber es bleibt dabei: er war freiwillig Mitglied dieser Bruderschaft, hat freiwillig und im Sinne dieser Menschenleben genommen und gefährdet und sich niemals gegen die Massenvernichtung des Volkes der Jehudim ausgesprochen. In den Augen von Sir Josiah war der Großvater der Prinzessin ein Krimineller, der nur durch die Aussichtslosigkeit seines Handelns nun seine Reputation zu retten versuchte. Geläutert, ein Volksheld, ein Friedensstifter, war dieser Freund der Massenvernichtung keineswegs.
Selbstverständlich kratzt sowas auch an der Ehre der Prinzessin, wenn der Ruf des Hauses derer “von Diptera” das Einzige ist, was als verarmter Adel bleibt und die materielle Unabhängigkeit nun durch Heirat gesichert werden muss.
Womit wir dann beim letzten Anklagepunkt wären. Wenn der Ruf das Einzige ist, was man in seinem Leben vorzuweisen hat, dann will man diesen natürlich schützen. Und ist dieser Ruf gar nicht so gut, wie man es gerne hätte, dann muss er eben etwas aufgehübscht werden. Wie im Falle der Prinzessin. Im Gegensatz zu ihren blaublütigen Artgenossen, die Begriffe wie Hoch- und Niederwild prägten und für die es nichts Schöneres gab, als durch die Wälder zu streifen, Wildtiere zu töten und dann mit leckerem Wein auf einem Gelage oder Bankett zu verspeisen, verwehrte sich die Prinzessin dagegen. Damit traf sie die gemeine, ungebildete Bevölkerung an einem wunden Punkt. Im Volksmund wurde sie zur “Tierschutz-Prinzessin” erhoben.
Sir Josiah fragte sich, wie ernst man dieses Bildnis nehmen könne, wenn jemand selbst durch den Tod der Tiere Vorteil nähme? Prinzessin Testina zeigte sich mit Vorliebe dabei, wie sie kleine Füchschen auf dem Arm hat, die Tiere in ihrem “Schlosspark” fütterte, sie verschrieb sich dem Schutz von Reh und Vogel, während ihre Adelsgenossen nicht Schöneres fanden, als diese zu töten und zu verspeisen. Was für eine ehrenvolle Prinzessin, oder nicht?
Man möge sich dann fragen, woher die Felle in ihren Schlafgemächern kommen, mit denen sie sich zuzudecken pflegte. Man möge sich fragen, warum sie tote Tiere drapierte diese dann für den zehnfachen Preis, den der übliche Marktpöbel dafür veranschlagte, bei diversen Gelegenheiten zum Erwerb anbot. Ja, man möge sich fragen, warum die Prinzessin kleine Schafe streichelt, aber im Gasthof dann leckere Lammkeule genießt (und dümmlich abstreitet, dass Schafe überhaupt gegessen würden). Warum hält die Prinzessin auch weiterhin Tiere für Lebensmittel, die auf ihrer Tafel dargeboten werden? Auch gegen dieses negative Bild wollte sie sich zu Wehr setzen und Sir Josiah den Mund verbieten lassen.
So beauftragte sie Sir Toben, der sich umgehend an die Arbeit machte, um diesen schändlichen Sir Josiah zu ruinieren. Denn was Sir Josiah da bewohnte, dass war kein Schloss und keine Burg, das war maximal eine Jagdhütte, so glaubte sie. Würde man ihm so grossen finanziellen Schaden zufügen, dann würde er automatisch damit aufhören und für immer verstummen.
Wie Beobachter berichteten, wurden Sir Toben und Ihre Korpulenz in diversen Hallen der Hohen Iustiz gesichtet, um Sir Josiah ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen. Ein mit Sir Josiah befreundeter Blaublüter derer “von Hochwürden” schilderte es so: “es war ein trockener, sonniger Tag. Gut so, denn sonst hätte es in die Nasenlöcher der Hochwohlgeborenen geregnet und sie wäre vermutlich ertrunken.” Ein anderer schilderte: “es war wie ein Schlossgespenst, sie ging nicht, sie wandelte nicht, sie schwebte. Und obwohl ihre Augen scheinbar immer gen Himmel gerichtet waren, ist sie nie vor einen Pfeiler gelaufen”.
Armer Sir Josiah. Wie hätte er sich gegen eine solche Übermacht angeheirateten Geldadels und gegen den Meister der Iustiz wehren sollen? Die Höchste Kammer der Iustiz war gnädig gestimmt. Statt der geforderten mindestens 5.000 Gold Dukaten, die Sir Josiah der armen, verletzten, leidenden Prinzessin zahlen sollte, wäre es nach den Vorstellungen Sir Toben’s gegangen, zeigten sich die Vorsitzenden einsichtig: 3.000 Gold Dukaten sollten Strafe für Sir Josiah genug sein. Zudem habe er die Verpflegung der Vorsitzenden der Höchsten Kammer der Iustiz zu tragen, genauso wie für Verpflegung und das Pferdegespann der Prinzessin und Sir Toben’s.
Prinzessin Testina schien zufrieden. Zwar war ihre persönliche Bereicherung nicht so hoch ausgefallen, wie sie es sich erhofft hatte, sollte aber mit all den anderen Kosten in einem Bereich liegen, der Sir Josiah nun endgültig in die Knie zwingen würde. Sie war sich sicher, diesem Pöbel gezeigt zu haben, wer hier die Macht habe. Die Kosten dieses und der letzten Verfahren würden so hoch sein, dass Sir Josiah es nie wieder wagen würde, eine Äusserung in Richtung ihrer Korpulenz fallen zu lassen, und es sich in Zukunft wohl auch überlegen müsse, ob er sich noch eine Karaffe guten Weins leisten könne.
Kapitel Vier
Sir Josiah sass keineswegs in seiner kleinen Jagdhütte und kippte Met in sich hinein, um die schmachvolle Niederlage zu ertränken. Er kippte Met in sich hinein, weil er vor Freude tanzte.
Er kannte die Prinzessin nur zu gut. Sie lebte in ihrer eigenen, kleinen Welt, in der man ihr alles nachtrug, in der andere die Rechnung bzw. die Verantwortung übernahmen, in der sie nur mit den Dukaten klimpern musste, und schon würden sich Leute finden lassen, die auch die unschönsten Probleme der Prinzessin in Lösungen verwandelte. Kurz: die Prinzessin bekam immer, was sie wollte.
Das Problem war, dass der Horizont Prinzessin Testinas eben auch nur von einer Seite der Burgmauer bis zur anderen reichte. Was wusste sie schon davon, wie das wahre Leben war? Es gab da draussen Dinge, die sie nicht mal in ihren rosaroten Träume erreichten. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es irgendwas gab, was man mit Geld nicht kaufen oder zumindest verhindern könnte. Und im Zweifel konnte einfach nicht wahr sein, wass nicht wahr sein durfte. Für sie war ein Krieg eine Frage des Goldes, und wem das Gold ausging, der verlor. In ihren dicken Büchern mit Ledereinband mochte das so sein, aber es gab noch viel mehr da draussen, was andere motivierte und Siege hervorbrachte, als Gold.
Sir Josiah, eher von niederem Stand, ein kleiner Unteroffizier eines fernen Heeres, der sich in keiner Weise mit den Gold behangen Adligen der Alemannen vergleichen konnte (und wollte), war nicht durchflossen von blauem und damit eher sauerstoff-armen Blut. In ihm gärte noch ein wenig das, was die Hochwohlgeborenen wohl als “Bauernschläue” bezeichneten. Er beschloss, der Prinzessin zuvor zu kommen und sie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Mit den Mitteln, die sie durch ihr abgeschirmtes Leben höchstens aus Büchern kannte und auf die sie nicht in der Lage war, angemessen zu reagieren. Sie wollte Krieg, sie sollte ihn bekommen.
Ein gutherziger Mann war Sir Josiah – eigentlich. Jeder in Not konnte von ihm Unterkunft, Kleidung, Verpflegung und ein Wegegeld bekommen. Er war auch nicht kleinlich, wenn auf irgendwelchen Gelagen oder Banketten einmal etwas grober mit ihm umgegangen wurde. Er konnte austeilen, also musste er auch einstecken. Was er hasste waren Lügen zum Schaden anderer, Ungerechtigkeit und natürlich, wenn man ihm den Krieg erklärte. Da kannte er dann keine Grenzen mehr. Wie äusserte er sich einst im Kreise seiner Freunde: “Gewalt ist keine Lösung, wenn Du den anderen am Leben lässt.”
Ihm war klar, dass ein solcher Prozess gegen ihn für Prinzessin Testina lang und kostspielig werden würde. Das würde ihm Zeit verleihen, ein paar Dinge vorzubereiten, um den Schaden für Prinzessin Testina zu maximieren.
Kapitel Fünf
Nein, eine kleine Jagdhütte, wie Prinzessin Testina behauptete, bewohnte Sir Josiah nicht. Er würde es eher als “Lustschlösschen” bezeichnen. Als er Lady Sabse von Gifhorn auf einer Neujahrsfeierlichkeit ihres Vaters, Lord von Gifhorn, auf deren Anwesen kennen und lieben lernte, war ihnen bewusst: es wäre eine Unzumutbarkeit für Mensch und Tier gewesen, solch lange Wege von Gifhorn bis zum Volk zwischen “zwischen Fluss und See” zurückzulegen – oder umgekehrt. Kein Rabe konnte so weit fliegen, um eine Botschaft zu überbringen. Es half nur eins: der Weg musste verkürzt werden. Einer von beiden musste mit Sack und Pack in die Gemäuer des anderen ziehen.
Sir Josiah erschauderte. Er, der er Berge und Wälder und die See gewohnt war, sollte nun zu Lady Sabse ziehen, wo man vom Burgfried am Montag schon erkennen konnte, wer des Mittwochs zu Besuch kam? Kein Baum, kein Strauch? Naja, fast keine. Unter gar keinen Umständen war er dazu bereit.
Und Lady Sabse, als jüngste Tochter derer von Gifhorn in ein fremdes Land ziehen, deren Sprache sie nicht sprach und wo man Erde mit den Fingern ass? Ja, die Sprachbarrieren waren gross, so wurde dann aus “Hummus” ganz schnell “Humus”. Auf keinen Fall würde sie zu den Wilden ziehen, deren Sprache so klang, als wollten sie ständig eine Fischgräte auswürgen.
So kam es, dass sowohl Lady Sabse als auch Sir Josiah ein paar tausend Dukaten zusammenlegten und sich mitten unter den Alemannen ein kleines Lustschloss kauften. Hier wollten sie zukünftig nur noch unzählige Hunde streicheln, die Tiere des Waldes beobachten und Liebe machen, bis die Ringelblumensalbe aufgebraucht sein würde.
Natürlich, mit einem königlichen Herrschaftssitz im Norden von Alemannien konnte man dieses bescheidene Anwesen nicht vergleichen. Aber es sollte ja auch nur vorübergehend sein, für die Zeit, in der sich Sir Josiah und Lady Sabse ihren gemeinsamen Interessen widmeten. In einem Lustschloss wohnt man ja nicht ewig.
Zurück zu Prinzessin Testina. Diese hatte Sir Josiah also den Krieg erklärt. Selbstverständlich den Krieg einer Hochwohlgeborenen, die darauf vertrauen muss, dass durch entsprechende Zahlungen von Dukaten man ihre Wünsche auch in die Realität umsetzt, ohne sich selbst die Finger schmutzig zu machen und möglichst auch, ohne den eigenen Namen beschmutzt zu sehen. Nach dem Motto “Gold regiert die Welt” oder “Kleider machen Leute” wollte sie Sir Josiah ein für alle Mal in die Schranken weisen. Er sollte finanziell am Boden liegen und die Prinzessin würde es genießen, über ihn hinweg zu steigen.
Dumm, dass Sir Josiah die Prinzessin nur zu gut kannte und ihre Absichten durchschaute. Er schmiedete also einen perfiden Plan, in dem die Prinzessin mit ihren eigenen Waffen geschlagen werden sollte.
Kapitel Sechs
Wegen alter, schlecht heilender Verletzungen und die ständige Möglichkeit, von seinen Herren in einen Krieg berufen zu werden, hatten Sir Josiah und Lady Sabse schon vor langer Zeit Vorsorge getroffen. Was immer Sir Josiah besass wurde seiner Gemahlin übertragen – zu Lebzeiten. Im Falle seines Ablebens sollte sich Lady Sabse auf keinen Fall mit all dem Pöbel herumschlagen müssen, die sabbernd und geifernd noch ein wenig vom Kuchen abhaben wollten, der allein Lady Sabse zustand. Im Falle seines Ablebens müsste er seinen Letzten Willen gar nicht zu Pergament bringen – Lady Sabse gehörte bereits alles. Lediglich das Lustschloss teilten sich beide, und für seine geleisteten Dienste in der Vergangenheit bezog Sir Josiah noch eine ansehnliche Pension und besass weiteres Sachvermögen fern der alemannischen Grenzen, aber die Verteilung regelten Verträge, die nicht unter die alemannische Gerichtsbarkeit fielen.
Also schritt er zur Tat, um die Kriegsanstrengungen von Prinzessin Testina zu kontern. Die von den Herren seines Volkes gezahlte Pension ließ er nicht mehr auf eine örtliche Bank einzahlen, sondern diese verblieb in seiner Heimat. Wollte er etwas kaufen oder Lady Sabse ein Geschenk machen, so brachte ein Bote die gewünschte Summe entweder von dort zum Verkäufer oder übergab es direkt an Lady Sabse, die alle wirtschaftlichen Dinge der beiden regelte. Einfach, weil sie mit den Gepflogenheiten und Gesetzen der Alemannen viel besser betraut war. Und besser mit Geld umgehen konnte, aber das sollte man in Gegenwart Sir Josiah’s besser nicht sagen.
Es verging eine längere Zeit, bis ein königlicher Bediensteter an die Tore von Sir Josiah’s und Lady Sabse Lustschloss klopfte. Sir Josiah würde einer gewissen Testina von Diptera noch eine stattliche Summe Dukaten schulden, und er wäre beauftragt, diese nun einzutreiben. Da war er nun, der lange erwartete Gast.
Freundlich bat Sir Josiah den Bediensteten hinein, sperrte die Hunde weg, die zum Pech des königlichen Vertreters noch nichts gefressen hatten, und geleitete ihn in die kleine, bescheidene Empfangshalle, wo sie die Dinge besprachen. Was immer er an Wert finden würde, würde er konfiszieren und mitnehmen, so der Bedienstete, denn leider hätte Prinzessin Testina ausdrücklich angeordnet, dass auch keine noch so geringe Ratenzahlung möglich gemacht werden solle. Sir Josiah sollte alles verlieren und “am Boden liegen”. Lächelnd führte Sir Josiah ihn herum.
Im Bergfried lag noch der alte, vergoldete Wetterhahn, der beim letzten Sturm abgeknickt war und den Sir Josiah noch immer nicht hatte reparieren lassen. “In diesem Zustand ohne Wert”, murmelte der Bedienstete. Er begab sich in den bescheidenen Rittersaal und hielt vor der kleinen, aber feinen Sammlung verschiedener Hieb- und Stichwaffen sowie einiger Steinschlossgewehre inne. “Hier haben wir doch was”, murmelte er, aber Sir Josiah übergab ihm ein Schwert aus kaltgefaltetem wallisischem Stahl und verwies auf das Siegel, welches sich auf der Parierstange befand. Es war das hoheitliche Siegel derer “zwischen Fluss und See”. Mit anderen Worten: diese Gegenstände gehörten seinem Herren und somit konnten auch diese Wertgegenstände leider nicht mitgenommen werden. Ähnlich erging es ihm im Hof, wo er drei Kutschen vorfand. Einfach, robust, nicht kaputt zu kriegen. Es gäbe bestimmt Einige, die dafür ein ordentliches Säckchen Dukaten hinlegen würden. Lady Sabse überbrachte ihm die Kutscherscheine – alle Kutschen gehörten ihr, nicht Sir Josiah. Die Hunde hätten sich nicht pfänden lassen, auch, wenn man es versucht hätte, aber auch die gehörten mittlerweile Lady Sabse. Die umfangreiche Werkstatt mit diversen Gerätschaften im Keller wurden benötigt, um das Anwesen zu pflegen und zu erhalten und konnten somit auch nicht mit königlichem Kuckuck versehen werden, und damit kam der königliche Bedienstete dann zum letzten Punkt auf seiner Liste: nämlich dem Anwesen selbst. Herrlich gelegen, unverbaubare Sicht, direkt am Waldrand. So mancher reiche Schwerenöter würde seinen Geldbeutel bestimmt ganz weit öffnen. Das Problem war nur, dass die Hälfte des kleinen Lustschlosses auch Lady Sabse gehörte, und der Rest würde – selbstverständlich – als Alters- und Ruhesitz des Sir Josiah dienen. Irgendwann einmal. Vielleicht. Also, theoretisch. Denn eigentlich wurde das Anwesen gekauft, um einen Hunde-Streichel-Garten zu errichten – nicht, damit dies ein dauerhafter Wohnsitz sei. Dafür besitzen beide Häuser auch weiterhin ihren Stammsitz.
Als nächstes wollte der Gesandte einen Blick in die Schatzkammer des Sir Josiah werfen, was er denn wohl für Geldmittel besässe. Hier befanden sich nur ein paar Dukaten, die ausreichten, um die Pferde und Hunde von Sir Josiah zu versorgen, und sich hin und wieder mal eine Karaffe portugiesischen Weins zu gönnen. Auch auf der Bank von Braabus wurde nachgefragt, ob Sir Josiah vielleicht irgendwelchen Wert besässe oder dort monatliche Eingänge zu verzeichnen wären. Beides leider nur in sehr, sehr, sehr bescheidener Höhe.
Der königliche Geldeintreiber schaute Sir Josiah mit ernstem Blick an: “Sie haben alles offen zu legen, was sie besitzen, alles Gold, alle Wertgegenstände, die ich im Namen des alemannischen Volkes einziehen darf. Niemand kann mit so wenig Dukaten ein solches Leben führen”.
“Nehmen wir an”, so fragte Sir Josiah nach”, “ich hätte auf der Bank von Braabus noch ein paar Goldbarren liegen, müsste ich die angeben?”
“Selbstverständlich, die kann ich pfänden” entgegnete der königliche Bedienstete.
“Und nehmen wir an, ich hätte in Hierosolyma eine Scheune voller Goldbarren, müsste ich die angeben?”
“Ich habe in dort keinerlei Befugnisse, und bei dieser Entfernung wäre der Verschleiss an Pferden teurer, als den von Prinzessin Testina geforderten Betrag einzutreiben. Und einmal angekommen ist das Gold dann auf merkwürdige Weise verschwunden. Hierosolyma interessiert mich nicht” brummelte der königliche Bedienstete.
Sir Josiah lächelte und entgegnete mit gesalbter Stimme: “dann bin ich wohl scheinbar mittellos”.
Mit königlichem Siegel versehen wurde an diesem Tage festgehalten: Sir Josiah, Miteigentümer eines bescheidenen Lustschlösschens, Nutzer diverser Grundstücke im Alemannischen Reich, Nutzer mehrerer Pferdekutschen und Besitzer einer umfangreichen Waffensammlung und eines Einkommens, dass es ihm nicht einmal ermöglicht, den goldenen Wetterhahn des Anwesens reparieren zu lassen, wird hiermit offiziell als mittellos gebrandmarkt. Ein Eintreiben der Schulden ist nicht möglich, die Gläubigerin, Prinzessin Testina von Diptera, darf noch 30 Jahre alle zwei Jahre versuchen, diese Schulden bei Sir Josiah einzutreiben. Beschlossen, verkündet, besiegelt und bedingstet, gezeichnet soundso.
Sir Josiah war von jetzt auf gleich offiziell mittellos, ohne, dass sich für ihn auch nur irgendwas geändert hätte – oder ändern würde. Eine riesige Kutsche, die nur er fahren kann – gehört ihm nicht. Genauso wenig wie die kleine. Mehrere vergoldete Abakusse im Wert mehrerer tausend Dukaten – gehören ihm nicht. Nicht mal der extra eingestellte Fernsprecher ist seinem Eigentum zuzuordnen – den Vasallenvertrag hat Lady Sabse unterzeichnet. Der grosse leinenlose Windsack – gehört ihm nicht. Nur der kleine, und der ist nichts wert. Mehr besitzt der verarmte Sir Josiah nicht mehr – es sei denn, die Prinzessin kann das Gegenteil beweisen und es auch einziehen lassen. Denn genau wie die Prinzessin wird sich Josiah sicherlich an die Wahrheit halten, um der Prinzessin bestmöglich zu Diensten zu sein.
Kapitel Sieben
Trotz einiger Gläser guten Portweins fiel es Sir Josiah schwer, des Nachts Ruhe zu finden. Immer wieder grübelte er. Wie konnte es soweit kommen, dass jemand ihm auf diese perfide Weise den Krieg erklärte und versuchte, ihm zumindest sinnbildlich das Genick zu brechen? Hatte er sich vielleicht doch etwas zu Schulden kommen lassen? Sicher, der Anfang der Streitigkeiten mit Prinzessin Testina war nicht ganz so sauber, wie es hätte sein können. Aber er hatte seine Schuld ja eingestanden und ordentlich Dukaten zahlen müssen. Ein “zwischen Fluss und See” zahlt immer seine Schuld! Aber die jetzigen Forderungen waren doch nun wirklich eine Frechheit! Ganz egal, wie königliche Richter geurteilt hatten. Nein, das alles fand er nicht als gerecht.
Die nächsten Nächte schlug er sich damit um die Ohren, ob er die ganze Angelegenheit einfach dabei belassen sollte. Denn was konnte sich die Prinzessin nun von ihrem fehlgeschlagenen Feldzug kaufen? Sie musste alle Kosten vorstrecken, erhielt im Gegenzug keinen Cent von Sir Josiah und hatte ein Urteil, mit dem sie sich die hochadlige Poperze abwischen konnte. Wobei Sir Josiah sich sicher war: die Prinzessin besass sanfteres, duftenderes Pergament für ihr Hinterteil als ein königliches Urteil auf geschöpftem Büttenpapier. Sollte er das alles als Kriegserklärung auffassen und zurückschlagen? Oder sollte er einfach die Füsse still halten und es dabei belassen? Hochmut kommt vor dem Fall, und die Prinzessin war hier schon mal kräftig gestolpert.
Die Frage wurde ihm schnell beantwortet, als er erneut einen Boten empfing, der ihm ein Schreiben von Sir Toben überreichte. Darin forderte dieser ihn auf, einen monatlichen Betrag von 100 Dukaten an die Prinzessin zu überweisen. Schliesslich habe diese ja nun – laut richterlichem Beschluss – 30 Jahre Zeit, die Schulden von Sir Josiah einzutreiben.
Sir Josiah wusste nicht, ob er lachen oder sein Schwert polieren sollte. Man möge sich die Dämlichkeit dieser Arroganten vorstellen: sie verbieten dem königlichen Bediensteten, ihm eine monatliche Rate zum Ausgleich seiner Schulden anzubieten. Sir Josiah soll auf jeden Fall richtig bluten und zu Not auch Eigentum verlieren. Der Bedienstete stellt aber fest: es gibt nichts, was er bei Sir Josiah pfänden KANN und DARF. Der Volksmund würde sagen: Sir Josiah ist pleite. Nun also, da durch königlichen Beschluss feststeht, dass Sir Josiah pleite ist, und man Angst hat, gar kein Geld (und es ist VIEL Geld, was die Prinzessin vorstrecken musste und damit verloren hat) mehr zu bekommen, bietet man demjenigen an, der nun gar eigentlich nicht mehr zahlen MUSS (weil durch königlichen Beschluss zahlungsunfähig), doch monatlich bitte 100 Dukaten zu überweisen. Da fragte sich Sir Josiah schon, ob ihrer hoheitlichen Impertinenz nicht irgendwie ein Kronleuchter auf das adlige Haupt gefallen ist. Sprach’s, ging in den Weinkeller und gönnte sich breit grinsend noch eine Flasche besten Portweins.
War Sir Josiah bis dahin eher zögerlich, seinerseits auf die Angriffe der Prinzessin zu reagieren, so überkam ihn nun eine unbändige Lust, sich ins Abenteuer zu stürzen und der Prinzessin zu zeigen, wo sie die Locken hat (sofern sie sich dort nicht rasiert). Wie schon erwähnt: er konnte austeilen, er konnte einstecken, er konnte auch mal Fünfe gerade sein lassen. Hier jedoch versuchte jemand ihn aus vollkommen nichtigen Gründen zu ruinieren. Da kannte man ihn leider schlecht. Ein paar Pläne wurden geschmiedet, mit einigen Leuten Gedanken ausgetauscht, aber dann kam der Alltag erneut über das Lustschloss – und neue Ringelblumensalbe wurde geliefert. All die schönen Schlachtpläne verstaubten auf der riesigen Eichenholztafel im Rittersaal – naja, eher ein Ritter”zimmer”.
Kapitel Acht
Wochen vergingen, vielleicht Monate. Auf einem Bankett erzählte Josiah in geselliger Runde, wie ihn der Weg von seiner fernen Heimat in die hiesigen Gefilde führte. Eine Gegend, in der man den Sommer daran misst, wie warm der Regen ist. Und wie so oft, wenn zu viel Wein geflossen, zu viele Stunden vergangen und zu viele streitbare Recken an einem Ort sich befinden, kam die Prahlerei. Von alten Kampfgeschichten, Frauen, Pferden und so manch merkwürdige Geschichte wurde zum Besten gegeben. Eine davon stammte aus der Feder von Sir Josiah – und er schwor bei allen Göttern, diese Geschichte sei wahr bis zur letzten Silbe.
Sie begann so unglaublich, wie sie endete: Sir Josiah wäre beinahe einmal Mitglied der “Bruderschaft der Schutzheiligen” geworden. Die versammelten Herrschaften schauten ungläubig aus ihren Kettenhemden. “Doch, wirklich” beschwor Sir Josiah, “ich war sogar einmal mit Prinzessin Testina befreundet”. Alles lachte. “Darauf stoße ich an” gröhlte einer. “Hört, hört” murmelte ein anderer, und Sir Josiah erzählte die Geschichte.
So manchen Raben hätte man sich gegenseitig geschickt, so manches ernste aber auch humorvolle Geplauder geführt. Und er und Prinzessin Testina hätten erkannt, dass sie beide die gleichen Interessen hätten: beide hassten es abgrundtief, wenn Adlige und ihr Gefolge aus der Jagd auf schutzlose Tiere ein gesellschaftliches Ereignis machen würden. Josiah und Testina erzählten sich Geschichten, wie sie gegenseitig die Tiere des Waldes beobachteten und liebgewonnen hätten und wie beide im Kampf gegen das sinnlose Abschlachten der Wildtiere vorgehen wollten.
Sir Josiah schilderte, wie er sich aus den fernen Landen ein sog. “Sehglas” mitgebracht habe, ein bestimmtes Instrument, dass es ihm erlaubte, auch bei stockdunkler Nacht noch Tiere in großer Entfernung zu beobachten. Prinzessin Testina war fasziniert. Es dauerte nicht lange, da ließ sie Sir Josiah wissen, dass Sie und ein paar ihrer Freunde aus dem hohen Norden planten, ein paar Füchse zu beobachten. Herzlich war Sir Josiah eingeladen, und er möge doch bitte sein tolles “Sehglas” mitbringen.
Nun, nichts gegen gute Gesellschaft, und schon gar nichts gegen ein paar niedliche Füchse vor der Nase, aber dafür viele Tagesritte in Kauf nehmen? Jetzt, wo wieder neue Ringelblumensalbe vom Maester eingetroffen war? Das war Sir Josiah doch zu viel des Guten, und er sagte ab. Erneut erreichte ihn eine Botschaft, dass es doch ganz toll und wichtig wäre, wenn Sir Josiah zu dieser Fuchsbeobachtung erscheinen könne. Und “Fuchsbeobachtung” war in roter Tinte ganz gross mitten auf das Pergament geschrieben. Füchse tummelten sich sogar des Tags auf seinem Lustschloss, was war an den Füchsen in den Wäldern der Prinzessin so besonderes? Nein, er würde sich keine Blasen an den Allerwertesten reiten – nicht für sowas. Es verging einige Zeit, bis Sir Josiah, der manchmal etwas naiv war, erkannte, um was es wirklich ging.
Prinzessin Testina und ein paar Freunde wollten gar keine Füchse beobachten. Sie wollten die vielen kleinen Jagdschlösser schleifen, die sich hier und da in den Wäldern des Hohen Nordens befänden, und da wäre jede Hilfe und jede Unterstützung willkommen. Auf der Suche nach ein paar furchtlosen, erfahrenen Streitern schickte sie nun Raben um Raben – auch an Sir Josiah. Aber wie schon gesagt, ihm war das zu weit und er sagte ab.
Kapitel Neun
Das Bankett ging zu Ende, der Met war alle, Sir Josiah torkelte nach Hause und am nächsten Morgen kitzelten ihn die Sonnenstrahlen aus dem Bett. Halt, nein, es war seine Gemahlin, die ihm ein Stück Pergament unter die Nase hielt. Offenbar hatte sich zwischen Sir Toben und ihm so etwas wie eine Brieffreundschaft entwickelt, denn erneut erhielt er Kunde davon, dass die Prinzessin sich echauffierte.
Umgehend habe Sir Josiah es zu unterlassen, auf irgendwelchen Saufgelagen zu behaupten, sie habe ihn dazu eingeladen, irgendwelche Burgen fremder Herren zu schleifen. Sie wäre so eine aufrechte, friedliebende und gerechte Person, dass sie weder eine solche Unterstellung dulde und nicht einmal Kontakt zu solchen Kriminellen habe. Man habe ihn wirklich, ganz ehrlich, nur zur Beobachtung von Füchsen eingeladen. Er solle doch bitte sein Ehrenwort geben, nie wieder etwas anderes zu behaupten, sonst würde man wohl erneut die Kammern der Iustiz anrufen müssen. Und mit dem Ehrenwort zusammen könne er dann ja etwas mehr als tausend Dukaten mitsenden.
“Leck mich” war das Einzige, was Sir Josiah in diesem Moment zu denken in der Lage war. Er erinnerte sich: auch dieses Schreiben würde wieder eine Menge Geld kosten (Sir Toben trinkt oft und viel), welches die Prinzessin aber nicht von ihm werde holen können, denn er war ja nun offiziell mittellos. Irgendwann müsste er sich mal ganz aufrichtig für diese Erleichterungen bei Prinzessin Testina bedanken – das hatte er sich fest vorgenommen.
Zu dumm, dass Sir Josiah eben diese Einladung zum fröhlichen Burgenschleifen vor Kurzem zum Anzünden des Kamins verwendete, als ihn fröstelte. Beweisen, dass es genau so war, wie er sagte, konnte er das also nicht mehr. Und die Leute, die ebenfalls davon wussten, würden sich in Schweigen hüllen oder der Prinzessin zustimmen, denn diese waren ihr hörig. Ihm war es aber mittlerweile auch zu dumm, sich mit Ihrer Korpulenz auseinander zu setzen und ignorierte dieses Schreiben einfach. Zu sehr brummte ihm noch der Kopf, ob vom Alkohol oder der gusseisernen Pfanne seiner Gemahlin – so ganz wusste er es nicht mehr.
Kapitel Zehn
“Nichtstun ist keine Lösung” – spätestens als der nächste Bote ein königliches Dokument vorbeibrachte, waren die Kopfschmerzen des Sir Josiah wie weggeblasen. Hatte doch die Höchste Kammer der Iustiz eine Klage erhalten. Die Prinzessin wollte Sir Josiah verbieten, solche Dinge in Zukunft zu äussern, sie habe ihn eingeladen, gemeinsam auf Kreuzzug zu gehen. Sir Josiah setzte sich gerade hin, gönnte sich noch einen Schluck Getreidekaffees, und las genauer. Die Prinzessin hatte Sir Toben damit beauftragt Klage vor der Hohen Kammer die Iustiz gegen Sir Josiah einzureichen, weil dieser ihr durch die Blume unterstellen würde, zu kriminellen Handlungen aufzurufen. Das wäre doch eine erneute Schädigung ihres (noch gerade so existenten) Rufes. Schande! Die Antwort der Hohen Kammer war sinngemäss “wovon Ihr des Nächtens träumt, erschliesst sich uns nicht.” Außer sich vor Wut schickte die Prinzessin ihren Lakaien zur Höchsten Kammer, damit diese in ihrem Sinne vorgehen möge. Und siehe – sie hatte damit Erfolg.
Sir Josiah durfte – vorläufig – nicht mehr öffentlich äussern, dass die Prinzessin zu dieser Straftat aufgerufen habe. Dieser Beschluss jedoch wäre zeitlich begrenzt. Die Begrenzung für die Dauer könnte nur durch ein Schuldeingeständnis des Sir Josiah und das Versprechen, in Zukunft nie wieder solch böse Lügen zu verbreiten, aufgehoben und damit dauerhaft gültig werden. Sir Josiah solle doch bitte irgendeine Summe von Gold Dukaten an die Prinzessin zahlen – das Übliche eben.
Nun besitzt Sir Josiah in seinem Freundeskreis auch einige Meister der Iustiz, die ihm gelegentlich mal den einen oder anderen Tip geben – im Austausch gegen einen feinen Traubensaft. So empfahl ihm einer seiner Freunde, ausnahmsweise einmal gar nichts zu tun. Dies würde Sir Josiah viel Gold einsparen, würde dafür sorgen, dass der Beschluss der Kammer nur begrenzte Gültigkeit erlangt und – da Sir Josiah ja offiziell ruiniert sei – die gesamten Kosten auf die Prinzessin übertragen. Kurz: sie würde sich damit nur selbst schaden. Gesagt, getan – Sir Josiah machte gar nichts.
Die Höchste Kammer der Iustiz schickte Sir Josiah einen Raben: “wir bitten Sie, die Kosten für unsere Tätigkeit umgehend auszugleichen”. Josiah sandte einen Raben zurück: “Euer Hochwohlgeboren, hat denn die Prinzessin Ihnen nicht mitgeteilt, dass ich aufgrund ihrer Bestrebungen keine Mittel mehr besitze, Ihrem Wunsche nachzukommen? Leider kann ich nicht zahlen, aber das wusste die Prinzessin ja.” Daraufhin wurde die Prinzessin gebeten, die Kosten für die Tätigkeit der königlichen Beamten zu begleichen, was natürlich zu einem weiteren Becher leckeren Portweins – oder was es Mavrodaphne? – führte.
Eines Morgens, die Sonne blinzelte durch die Äste des Waldes, die das Lustschloss von Lady Sabse und Sir Josiah umgab, entdeckte Sir Josiah, dass ein Vogel auf seinen Fenstersims gekotet hatte. Er drehte sich um, und da sass er: ein Rabe des Sir Toben von Treva. So lieb ihm Tiere auch waren, aber am liebsten hätte Sir Josiah seine Armbrust….. na, lassen wir das. Sir Toben bat in diesem erneuten Schreiben darum, den Beschluss der Kammer der Iustiz anzuerkennen, damit dieser dann quasi auch “rechtskräftig” und “dauerhaft gültig” wird. Mit anderen Worten: zum jetzigen Zeitpunkt hatte die Prinzessin erstmal gar nichts erreicht und dafür ganz schön viele Dukaten ausgegeben. “Und wenn nicht” so drohte Sir Toben, “dann werden wir die Anerkennung einklagen müssen – und das wird teuer.” “Ja, für die Waldelfe, Du Depp”, raunte Sir Josiah. Scheinbar war er nicht der Einzige, der hin und wieder zu viel Met in sich hinein kippte.
Kapitel Elf
Auf dem Bogenschießplatz nahm er dann seinen befreundeten Meister der Iustiz beiseite und schilderte ihm die Situation voller Unverständnis. “Geil” sagte dieser nur mit einem breiten Grinsen und bat Sir Josiah, Platz zu nehmen, damit er ihm die Situation erklären könne. Wie gesprochen, so getan.
Sir Josiah sei vielleicht in der Kunst des Krieges geübt, aber im Umgang mit den Adligen und Hochwohlgeborenen, Durchlauchten und Durchzwiebelten der Iustiz mangele es ihm deutlich an Erfahrung. Er erklärte ihm, bei den nachfolgenden Beispielen immer im Hinterkopf zu behalten, dass es die Prinzessin war, die dafür gesorgt hat, dass er, Sir Josiah, offiziell zahlungsunfähig wäre. Dies würde es fast generell ausschließen, dass Sir Josiah nun irgendetwas für die Prinzessin zahlen müsse, es sei denn, diese würde erneut einen Bediensteten schicken, der dann für viel Gold prüfe, ob Sir Josiah nicht vielleicht doch ein paar Goldbarren in seinem Kettenhemd versteckt habe. Gold, welches die Prinzessin auch erst einmal vorstrecken müsse.
Josiah versprach, dies im Hinterkopf zu behalten, und so fuhr der Meister der Iustiz fort. Testina habe ihn zuerst ohne Kammer der Iustiz dazu aufgefordert, angebliche Lügen nicht zu verbreiten. Das habe sie Gold gekostet, denn Sir Toben braucht was zu essen. Josiah habe nicht reagiert, also habe sie einen Beschluss der Hohen Kammer gefordert. Das habe sie Gold gekostet, aber die Kammer habe abgelehnt. Also habe sie einen Beschluss der Höchsten Kammer gefordert, diesmal mit Erfolg, was noch mehr Gold gekostet habe. Nun dürfe Sir Josiah für einen kurzen Zeitraum nicht mehr behaupten, was er behauptet – irgendwann aber durchaus wieder. Das will die Prinzessin vermeiden und bittet Sir Toben, zu betteln, dass Josiah seine Schuld eingesteht, damit dieser Beschluss dauerhafte Gültigkeit erhalte. Das hat sie wieder Gold gekostet, denn Sir Toben braucht etwas zu trinken. Sir Josiah wischt sich mit dem Wisch den Allerwertesten ab (deswegen heisst es ja “Wisch”) und reagiert nicht. Also muss sie sich überlegen, ob sie es dabei belässt und Geld verbrannt hat, oder ob sie weiter klagt. Bis hierhin auf Seiten der Prinzessin: immense Kosten für Garnichts.
Klagt sie weiter, dann wird aber auch geprüft, ob sie überhaupt einen Anspruch darauf hat, Sir Josiah etwas verbieten zu lassen. Und es wird geprüft, ob die von ihr abgegebenen Äusserungen auch der Wahrheit entsprechen. Denn schliesslich hat Sir Josiah ja die Aussagen einiger Landbesitzer, die von der Prinzessin und ihrem Gemahl bedroht wurden. Die Behauptung, sie wäre ja so friedliebend und sie würde solche Handlungen ablehnen – worauf sie ihr Ehrenwort gegeben hatte – könnte ihr dann auf die Füsse fallen. Es besteht also die Gefahr, dass sie das Ganze verliert und es in vielerlei Hinsicht überhaupt keinen Anspruch auf dieses Verbot gibt. Das Risiko, diesen Prozess zu verlieren, ist für die Prinzessin immens hoch. Aber auch, wenn sie das Ganze gewinnt, so wird sie doch alles selbst bezahlen müssen, dafür hat sie ja selbst gesorgt. Dank der Prinzessin sei Sir Josiah offiziell zahlungsunfähig. Wie auch immer – sie wird auch diese Schlacht wieder verlieren, denn ihm kann es vollkommen egal sein, ob er der Prinzessin 3.000 oder 300.000 Golddukaten schuldet. Je mehr, desto besser – denn je höher der Schaden der Prinzessin, desto leckerer der Wein. Fest steht: sie bekommt nicht eine Unze. Was Sir Josiah verspricht, das gedenkt er auch, zu halten.
Sir Josiah grinst. Er schiebt seinem Bekannten ein kleines Gemälde zu. Darauf ist zu sehen, wie der Ehegatte der Prinzessin eine Burg schleift. “So viel zum Thema ‘friedliebend und Gewalt ablehnend'”, grinst er. Und sein Bekannter antwortet: “Könnte also sein, dass ihr nicht nur der Prozess um die Ohren fliegt sondern auch ihr ein Prozess droht. Soll sie es darauf ankommen lassen. So wie bei Madame Ihgitte de Gauloises”.
Kapitel Zwölf
Wie ein Blitz durchzuckte es Sir Josiah. Stimmt, die Kräuterhexe mit den gelben Zähnen hatte er ja vollkommen verdrängt. Und so schwelgte er ein wenig in Erinnerungen.
Madame de Gauloises war eine Freundin derer “von Diptera” – zumindest würde sie es selbst so behaupten. Die Prinzessin und ihr Gemahl würden es wohl eher als “notwendiges Übel” bezeichnen. So hatte Ihgitte versucht, Sir Josiah zu schaden und die Prinzessin in ihrem Krieg gegen Sir Josiah zu unterstützen, in dem sie kriminelle Handlungen beging. Dies brachte ihr hohe Kosten von weit über 6.000 Gold Dukaten ein, die sie nach einigem Zögern zwar beglich, aber vermutlich betrügerisch aus der Haushaltskasse ihres Herren. Dieser Vermutung wird nun von königlichen Ermittlungsbeamten nachgegangen und es drohen hier weitere hohe Kosten. Damit nicht genug, sie hat die Kammern der Hohen und der Höchsten Iustiz in verschiedener Hinsicht belogen, was von anderen königlichen Ermittlungsbeamten geprüft wird, und hier könnte ihr sogar erstmals der Kerker drohen. Ihre Lügen verbreitet sie natürlich auch ungefragt im ganzen Land, weswegen Sir Josiah sich so sehr ein Urteil wünscht, damit die königlichen Ermittlungen abgeschlossen werden und er gegen die Behauptungen dieser Lügenhexe seinerseits vorgehen kann. Wenn andere einen Schadenersatz fordern, weil man ihr Schloss auf Landkarten zeigt, dann doch wohl hier erst recht. Entsprechend kleinlaut ist diese Kräuterhexe nun auch geworden und nur selten noch wird sie in entlegenen Gegenden gesichtet. Wenn dieser Krieg dann irgendwann beendet ist, wird Sir Josiah an der Tür dieses widerwärtigen Klappergestells klopfen (ob er damit die Tür der Kutsche oder Ihgitte’s kleiner Hütte meinte, bleibt unklar) und sich auf die persönlichste Weise, die ihm möglich ist, mit ihr aussprechen. Nennt man das so? Wir nennen es mal so.
Kapitel Drölf
Die Nächte wurden kürzer, die Wochen vergingen, mittlerweile war es Sommer geworden. Sir Josiah lag mit seiner Sabse in den Schlafgemächern und lauschte der Stille. Was man so auf dem Land als Stille bezeichnete. Die Vögel machten bereits im Morgengrauen ein tierisches Spektakel, woher wohl auch der Begriff “MorgenGRAUEN” rührte. Die Rehe blökten, die Füchse krakeelten, die Hunde wufften, die Pferde wieherten, Lady Sabse……war ganz anmutig – ähem….. So viele Dinge waren zu hören, und einige hörte man nicht mehr: das zaghafte Klopfen irgendwelcher königlicher Bediensteten und das Flattern von Sir Toben’s Raben. Diesbezüglich war es merkwürdig still geworden.
In den Tavernen und Spelunken munkelt man, dass die Prinzessin sich nicht traue, einen weiteren Prozess gegen Sir Josiah zu führen, der dann nämlich ein paar Dinge ans Tageslicht bringen würde, die die Prinzessin sehr ungern wieder in diesem “Gesichts-Buch” lesen und von jedem Minnesänger in die Landschaft gesäuselt haben möchte. Denn möglicher Weise hat sie es mit der Wahrheit gegenüber den Kammern der Iustiz ja genauso wenig gehalten, wie ihrer Zeit Madame Ihgitte. Irgendwann transportiert auch blaues Blut mal genug Sauerstoff in das Oberstübchen, dass man seine eigene Arroganz, vermeintliche Überlegenheit und seinen Hass auf ein Minimum reduzieren muss, weil man sonst selbst daran zerbricht. Oder man macht einfach weiter, und andere grinsen und freuen sich.
Aber auch Sir Josiah leidet, und zwar sehr. Nicht, weil Sir Toben von Treva jedem, der nachfragt, bereitwillig erklärt: “bei Sir Josiah ist nichts zu holen”. Das interessiert Josiah schon deswegen nicht, weil es ja – zumindest so – nicht der Wahrheit entspricht. Wie sagt er immer: “wenn Du vor der Schatztruhe stehst und die Schatztruhe ist leer, dann ist da NICHTS ZU HOLEN. Aber wenn Du den Schlüssel zur Truhe nicht hast und nicht mal weißt, wo die Truhe sich befindet, dann ist diese Aussage doch sehr gewagt. Richtig wäre: ‘da KANN man nichts holen'”.
Nein, Sir Josiah leidet, weil er hart auf die Pobe gestellt wird. Er ist ein sehr ungeduldiger Mensch. Wird es wirklich noch zu zwei Verhandlungen gegen Ihgitte kommen? Wird es ihm mit diesen Urteilen dann möglich sein, weiteren Schadensersatz bei ihr einzufordern? Und wie lange wird das alles dauern? Die Kammern der alemannischen Iustiz sind nicht gerade für ihre Schnelligkeit berühmt. Denn ein steht für Sir Josiah fest: er wird nicht mit einer kleinen Streitmacht bei ihr auftauchen, wenn dort noch königliche Beamte ihre Arbeit verrichten. Somit muss er geduldig sein. Eine seiner schwierigsten Übungen. Aber Ihgitte weiss: sie müsste nur ihre öffentlichen Lügen korrigieren und allen die Wahrheit sagen, und schon würde Sir Josiah davon absehen, sich auch noch ganz persönlich mit ihr auseinander zu setzen. Stolz und Arroganz – das haben Ihgitte und Prinzessin Testina von Diptera gemeinsam.
Womit wir wieder bei Letzterer wären. Die Streitigkeiten mit der Kräuterhexe interessieren Sir Josiah nur am Rande. Sie hat den Krieg verloren und zurück bleibt maximal eine Schädigung seines Rufes. Falls irgendjemand dem Geseiere dieser Kräuterhexe überhaupt noch Glauben schenkt. Naja, zumindest hat sie es versucht. Und ansonsten gilt: “ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert”. Man könnte es dabei belassen.
Anders sieht es bei der Prinzessin aus. Hier hat man nicht ein paar Lügen in die Welt gesetzt, als sässe man noch im königlichen Sandkasten, hier hat man versucht, massiv Schaden zuzufügen. Zwar nur in monetärer Form, denn zu mehr wäre die Prinzessin auch gar nicht fähig, aber immerhin. Es ist aber so, dass dieser Schaden, der letztlich auf Lügen basiert, nicht nur Sir Josiah getroffen hätte, sondern genauso seine Tiere und die Gemahlin. Da hört der Spass dann auf. Wer von Josiah 1.000 Gold Dukaten fordert, weil er in den Tavernen Karten zeigt, die beweisen, dass die Prinzessin gar nicht so wohnt, wie sie behauptet, der geht zu weit. Wer Äusserungen verdreht und absichtlich falsch darstellt, um Sir Josiah einige tausend Gold Dukaten an Schaden zuzufügen, der geht zu weit.
Die Rüstung poliert und das Schwert geschliffen hat Josiah aber aus einem ganz anderen Grund. Die Prinzessin behauptet, niemals hätte sie Sir Josiah dazu eingeladen, irgendwelche Jagschlösser zu schleifen. Klar – die entsprechenden Dokumente sind heute längst in Rauch aufgegangen. Aber einige Freunde ihrer “Bruderschaft der Schutzheiligen” wissen es ebenso. Ihr jetziger Gemahl weiss es ebenso. Um ihren Lügen Nachdruck zu verleihen gibt sie bei den königlichen Ermittlungsbeamten ihr Ehrenwort ab, dass sie Straftaten und Gewalt insbesondere in der ihr so wichtigen Aufgaben des Schutzes von Tieren absolut ablehnt und deswegen auch nie dazu aufrufen würde. Dumm nur, dass es Leute gibt, die bescheinigen, wie diese Prinzessin und ihr runzliger Gemahl die Landwirte in ihrer Gegend bedrohen. Denn wenn das Aufzeigen des öffentlich bekannten Wohnortes der Prinzessin von den Kammern der Iustiz als Bedrohung angesehen wird, was wäre es wohl dann, wenn die Prinzessin samt Gefolgschaft auf den Grundstücken ihrer Untergebenen auftauchen und diese zu Handlungen nötigen wollte? Noch dümmer, wenn Zeugen gesehen und belegen können, wie Sir Tomlen von Hliuni höchstselbst solche Jagdschlösser schleift. Wie glaubhaft mögen dann die Aussagen einer Hochwohlgeborenen sein? Auf Lügen basiert will sie – um ihren angeschlagen Ruf nicht noch weiter zu schädigen – viele tausend Dukaten Gold an Schaden Sir Josiah und Lady Sabse zufügen, damit diese für immer schweigen.
Egal, wie das ganze aus Sicht der Iustiz ausgeht: an diesem Punkt ist dann die Grenze überschritten, wo Sir Josiah die Prinzessin nicht mehr nur in ihr eigenes Messer laufen lässt. Ihm reicht es. Es wird der Tag kommen – so hat er geschworen und auch seine Gefolgsleute davon unterrichtet – dass die Prinzessin alles verlieren wird, was ihr wichtig ist. In einer Weise und in einem Ausmaß, welches sie sich in ihren mit Rosendüfte durchfluteten Mauern niemals hätte vorstellen können. Denn die Zeit, die Sir Josiah in diesen Landen noch haben wird, ist begrenzt. Sehr begrenzt. Dies eröffnet ihm zu gegebenem Zeitpunkt Möglichkeiten, die bislang undenkbar waren. Hier wird die Prinzessin eine Lektion für’s Leben lernen: wenn sie andere durch Lügen materiell schädigen möchte, so dass diese (nach ihren realitätsfernen Vorstellungen) zukünftig in der Gosse betteln müssen, dann wird sie lernen, dass sie mit all ihrem Gold keinen Schutz, keine Gesundheit und keine Lebensverlängerung wird kaufen können.
Im Gegensatz zur Kräuterhexe Ihgitte wird Sir Josiah ihr in keinerlei Weise entgegenkommen. Sie wollte in nach ihren Vorstellungen vernichten, das war nicht von Erfolg gekrönt und sie stürzte quasi in ihr eigenes Schwert. Sie hat eine Schlacht gewonnen und einige weitere verloren. Den Krieg beendet haben diese nicht. Über das Wann und das Wie wird Sir Josiah entscheiden, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Und dann wird sich zeigen, ob sie sich erfolgreich gegen den Versuch Sir Josiah’s wird erwehren können, sie auf die Knie zu zwingen. Nur eben nicht auf fiktiv auf Büttenpapier, sondern in der Realität. Das hat er ihr und seiner Gemahlin geschworen. Und wer Sir Josiah kennt, der weiss: sein Wort hat er noch nie gebrochen. Wenn er sagt “gleich regnet es”, dann regnet es. Selbst, wenn er zu diesem Zweck vom Burgfried pinkeln müsste, um sein Versprechen wahr werden zu lassen.
Was er dieser Prinzessin geschworen hat, das möchten wir aus Gründen an dieser Stelle nicht wiedergeben. Sollte sie – wie gewohnt – weiterhin in ihrer eigenen Blase leben und nur das glauben, was sie glauben möchte, so wird es ihr zumindest eine Weile das Leben ziemlich erleichtern. Aber irgendwann platzt jede Blase – auch, wenn sie noch so sehr von schützenden Mannen umstellt sein sollte.
ENDE
Nachwort
Nachwort
Ähnlichkeiten mit lebenden, verstorbenen oder bald versterbenden Personen sind möglicherweise rein zufällig. Die Handlung, wenn auch “vermittelalterlicht”, ist höchstwahrscheinlich fiktiv.